Text Eduard Urssu
Asylpolitik ist von Menschen gemacht. Ist sie aber auch für die Menschen gemacht, die wirklich Hilfe und Unterstützung benötigen? Amir S. (Name von der Redaktion geändert) hat die ganze Härte der deutschen Asylpraxis erfahren. Vor neun Jahren ist er aus dem Iran geflohen. Die Umstände seiner abenteuerlichen Flucht, das Bangen und die Angst um seine Familie, lassen ihn bis heute nicht los. „Ich wollte überhaupt nicht weg, ich hatte ein schönes Leben in meiner Heimat“, erinnert sich Amir. „Ein Großteil meiner Familie, meine ganzen Freunde waren dort. Ich habe studiert und wollte meine eigene Firma aufbauen.“ Alles schien auf ein geregeltes Leben zuzusteuern. Bis zum Tag der Demonstration. „Mit Freunden habe ich an einer genehmigten Kundgebung teilgenommen. Wir haben für bessere Studienbedingungen demonstriert, für mehr demokratischen Wandel in unserem Land“, sagt Amir. An die Stunden danach kann er sich kaum erinnern. Ein Unbekannter stach ihm mit einem Teppichmesser zwei Mal in die Brust. Ein Stich zerfetzte den linken Lungenflügel. Zu Hause zeigte er die Fotos. „Später habe ich erfahren, dass sich neben den offiziellen Ordnungskräften auch Einheiten der Geheimpolizei unter die Demonstranten gemischt hatten.“ Ein tiefer Schnitt im Nacken, Hämatome über Gesicht und Oberkörper verteilt. Amir ist sich sicher, dass er das nicht überleben sollte.
Kommentar Eduard Urssu
Mehr als 45 Millionen Menschen weltweit sind derzeit auf der Flucht. Kaum vorstellbar: 45 Millionen Menschen, 45 Millionen Schicksale. Angesichts dieser dramatischen Situation ist es unbegreiflich, dass die europäischen Regierungen starr an ihrer Politik des Abwartens und Diskutierens festhalten. Auch nach Lampedusa.
Text Janina Kusterka
Bild Christoph Schönbach
Drei Millionen Euro Wirtschaftskraft sitzen hinter heruntergeklappten Tischen. Die Sitzreihen des Hörsaals an der Bergischen Universität Wuppertal sind an diesem Abend von Designern jedweder Couleur gefüllt. Designer, die im Tal arbeiten, und wie Christian Bünning sagt, jährlich etwa drei Millionen Euro erwirtschaften. Sie wollen eine Interessensvertretung gründen – einen Designbeirat. Nur eine Handvoll Studenten sind gekommen. Der Hörsaal gehört heute Abend der Wirtschaft.
Alle Jahre wieder laufen etwa von der dritten Adventswoche an die gleichen Ratschläge im Radio, mit denen Psychologen den Weihnachtsgestressten Rat und Hilfe anbieten. Weihnachten – das scheint für die Ratgeber ein einträgliches Geschäft zu sein. Und so hat man den Eindruck, das Fest der Menschwerdung Gottes sei zumindest als Fest des Friedens gescheitert. Vielleicht liegt es an der emotionalen Überfrachtung, die dieses Fest erfahren hat. Die neue Ausgabe von logisch! nähert sich dem Weihnachtsfest deshalb aus einer anderen Perspektive. In einem satirischen Beitrag nimmt Janina Kusterka das jährlich wiederkehrende weihnachtliche Familiendrama unter die Lupe. Im Kontrast dazu steht der Beitrag von Eduard Urssu über die Flucht von Verfolgten – ein Schicksal, das nach dem Matthäusevangelium auch der neugeborene Sohn Gottes geteilt hat, als er mit Maria und Joseph vor Herodes nach Ägypten fliehen musste. Dass die Werdung menschlichen Lebens immer eine Ungewissheit in sich trägt, zeigt der Beitrag über ein Paar, das sich bewusst für die Geburt eines behinderten Mädchens entschieden hat – in dem Wissen, das Kind wird nicht lange leben. Eine beeindruckende Geschichte, die herausfordert und herausfordernd weiter gehen wird. Viele weitere Themen bereichern diese Ausgabe, die deshalb auch nach Weihnachten noch aktuell ist. So geht es unter anderem um den Döppersberg-Umbau, ein studentisches Wohnprojekt und das neue Projekt „Judas Thaddäus“. Inspiriert von einer Bewegung in Mexiko-Stadt will sich die Katholische Kirche in Wuppertal mit denen auf den Weg machen, die wenig Hoffnung haben.
Ich wünsche Ihnen eine herausfordernde Lektüre,
Ihr Dr. Werner Kleine, PR
Text und Bild Øle Schmidt
»Mein lieber San Judas, pass gut auf meine Familie und auf meinen Sohn auf – er ist mein Leben. Bitte, sorge dafür, dass ich immer Arbeit habe. Du weißt, dass ich an Dich glaube und immer an Dich glauben werde. Ich ehre Dich und trage Dich auf meiner Haut.« Nach dem Gebet öffnet María wieder ihre Augen. Wie an jedem achtundzwanzigsten Tag eines Monats besucht sie die Prozession zu Ehren von San Judas Tadeo, dem Heiligen Judas Thaddäus. In der Kirche San Hipolito, im Herzen der mexikanischen Hauptstadt. Als María die große Figur aus Plastik in die Höhe reckt, gerät ihr kleiner Körper kurz aus dem Gleichgewicht. Während San Judas nun über ihrem Kopf voller Gleichmut in die Menge blickt, strahlen Marías Augen. Wenigstens für einen kurzen Augenblick. Normalerweise sind sie matt und stumpf von dem Klebstoff, den sie schnüffelt.
Beitrag Øle Schmidt
Text und Bild Eduard Urssu
Judas Thaddäus ist der Schutzpatron in ausweglosen Situationen. Obwohl er zu den zwölf von Jesus berufenen Aposteln zählt, wird er im Neuen Testament kaum erwähnt. Im 18. Jahrhundert nimmt die Verehrung des Heiligen, der in Persien gewirkt und dort den Märtyrertod gefunden haben soll, stark zu. In Deutschland ist er weniger bekannt. In Wuppertal gibt es zwei Statuen von Judas Thaddäus, eine in der Kirche Sankt Marien in Barmen, die andere in Sankt Marien in Elberfeld.
Text und Bild Øle Schmidt
Jeden Monat strömen Tausende zur Kirche San Hipolito in Mexiko-Stadt, um San Judas zu ehren, den Heiligen Judas Thaddäus. Wer es bis ins Innere des überfüllten Gotteshauses schafft, kann seine Figur des Apostels von Padre Ernesto segnen lassen. Øle Schmidt sprach mit dem Leiter von San Hipolito.
Text Janina Kusterka
Haben Sie schon alles für Weihnachten vorbereitet? Steht das Essen fest? Sind die Geschenke eingekauft, bestellt und verpackt? Wissen Sie, welche Lieder gesungen und welche Festtagskleidung Sie tragen werden? Schon geplant, wann Sie die Christ-Mette besuchen und worüber Sie sich nach dem Essen mit der Verwandtschaft streiten können? Haben Sie schon Ihre Waffen gewählt?
Text Tim Neumann
Die Freude ist groß: Endlich ist die Zulassung zur Universität angekommen. Doch für viele angehende Studenten steht mit der Immatrikulation die nächste Herausforderung an, denn sie wollen oder brauchen eine neue Bleibe. Und das ist bei der angespannten Situation auf dem Wohnungsmarkt in vielen Städten ein echtes Problem. Aus dieser Situation heraus ist das Projekt „Wohnen: für Hilfe“ entstanden. Studierende werden sozusagen zum Untermieter. Weil sie den Wohnungsanbieter im Alltag unterstützen, zahlen sie eine reduzierte Miete.
Die Medizin arbeitet mit Wahrscheinlichkeiten, wie ein Leben sich aber entwickelt, kann niemand vorhersagen.
Text Janina Kusterka
Bild Christoph Schönbach
Sind Paare in freudiger Erwartung, kann ihre Freude schnell getrübt werden, wenn bei den vorgeburtlichen Untersuchungen Auffälligkeiten festgestellt werden. Die Sorge und die Ungewissheit, was mit ihrem Kind ist, treibt die werdenden Eltern fortan um – und von Arzt zu Arzt. „Man gerät in eine Mühle“, sagt Petra*, die zusammen mit ihrem Mann Jörg drei Kinder bekam. Eines haben sie verloren.
Nicht nur Futter: Für eine kleine Spende verteilt der Pfotentisch Wuppertal auch Halsbänder und andere Accessoires für die Liebsten.
Text und Bild Eduard Urssu
“Baby“ ist erst wenige Monate alt. Ihr genaues Alter kann nicht mehr bestimmt werden. Dafür war „Baby“ zu verwahrlost gewesen, als sie gefunden wurde. Vermutlich war „Baby“ mehrere Tage alleine in der Kälte unterwegs. „Baby“ ist eine junge Perserkatze, die wenige Wochen nach der Geburt einfach weggeworfen wurde. „Wahrscheinlich stammt sie aus einer Hinterhofzucht“, sagt Anke Stein, die Vorsitzende des Katzenschutzbundes Wuppertal. „Sie hat eine Kieferfehlstellung, wegen der sie vermutlich auch ausgesetzt wurde. Bislang haben wir uns nicht getraut, ihr einen richtigen Namen zu geben, weil wir nicht wussten, ob sie durchkommt“, sagt Anke Stein, Vorsitzende des Vereins Katzenschutzbund Wuppertal. Seit Tagen versuchen die Mitarbeiter des Vereins, „Baby“ aufzupäppeln. Alle paar Stunden bekommt sie frische Aufbaunahrung mit einer Pipette Tropfen für Tropfen in das kleine Maul eingebracht. Für Anke Stein ist das Alltag. Später wird „Baby“ einen richtigen Namen erhalten – sie soll Schneewittchen“ heißen.
Text Tim Neumann
Seit sechs Jahren leitet Lothar Raschig die Immanuel Buchhandlung in der Elberfelder Nordstadt. Sie ist eine der wenigen verbliebenen christlichen Buchhandlungen in Wuppertal. „Christlich“ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass vor allem Bücher mit religiösem Hintergrund angeboten werden.
Text und Bild Gregor Elsbeck
Etwas unübersichtlich und ’runtergekommen war die Elberfelder Innenstadt schon seit einigen Jahrzehnten. Wer den schmuddeligen Bahnhofsbereich passierte oder an der Morianstraße auf seinen Bus wartete, konnte sehen, dass sich etwas ändern muss. Seit dem Wiederaufbau in der Nachkriegszeit hat sich das Erscheinungsbild von Elberfelds City im Großen kaum gewandelt: 1961 gab der Wuppertaler Oberbürgermeister Heinz Frohwein den Tunnel unter dem Döppersberg frei, der Hauptbahnhof, Busbahnhof und die Innenstadt für Fußgänger bis heute miteinander verbindet. Zusätzlich wurde seinerzeit die B7 zweispurig ausgebaut, die noch immer als Hauptverkehrsader durch die Talachse führt. Irgendwann war der Tunnel so verkommen und der Verkehr so dicht geworden, dass es in dem Zustand nicht weitergehen konnte. Ende der 90er Jahre präsentierte die Stadt erste Pläne für eine Neugestaltung von Döppersberg und Umgebung. In den Nullerjahren wurde ein vorläufiger Umbauplan beschlossen. 2010 begann dann die erste von sechs Bauphasen.