Ausgabe 10, Dezember 2013

Zurück zur Übersicht

Wieder mal wie alle Jahre
Familiendrama mit Lametta unterm Weihnachtsbaum

Text Janina Kusterka

Haben Sie schon alles für Weihnachten vorbereitet? Steht das Essen fest? Sind die Geschenke eingekauft, bestellt und verpackt? Wissen Sie, welche Lieder gesungen und welche Festtagskleidung Sie tragen werden? Schon geplant, wann Sie die Christ-Mette besuchen und worüber Sie sich nach dem Essen mit der Verwandtschaft streiten können? Haben Sie schon Ihre Waffen gewählt?

Es gibt keine schönere Zeit im Jahr als die Weihnachtszeit. Deshalb haben gescheite Geschäftsleute sie ein wenig ausgedehnt und läuten sie nun schon mit den letzten warmen Sommertagen im August ein. Die ersten kühleren Winde im September bringen ihn dann – den Vorweihnachtsstress. Angeführt wird er von rot bemäntelten Männern aus dunkler Schokolade, manche auch aus Vollmilch.
Der erste Akt des Weihnachtsdramas vollzieht sich noch bedächtig. Gar tückisch, weil fast unbemerkt, steigert er sich bis zum Dezember. Mit dem Aufbau von Punschständen und dem Einsatz von Mandelröstpfannen beginnt der zweite Akt. „Besinnlich“ – das ist schon lange vorbei. Alle scharren mit den Hufen, blasen in heißen Grog und schnauben ins Taschentuch. Dampf steigt auf; von den Maronenständen und dem heißen Atem der Menschen. Leere Augen scannen die prall gefüllten Warenlager auf Geschenketauglichkeit. Bald ist High Noon. Familien rücken sich auf die Pelle. Man zwingt sich zur Besinnlichkeit. Erwartungen prallen auf Realitäten. Bald schon kommt es zum fulminanten Showdown unterm Weihnachtsbaum.

Weihnachtsstress

Der 24. Dezember. Drei Monate Vorweihnachtsstress sind vorbei, der Weihnachtsstress beginnt. Die wichtigste Frage: Was wird am Abend zwischen Bescherung und Zerwürfnis gegessen? Wer bis jetzt keine Geschenke hat, dem bleibt nur noch das Hoffen auf ein Weihnachtswunder. Wer bis jetzt keine Gans gekauft hat, dem wird nicht einmal ein solches Wunder noch helfen können.

Und es begab sich zu einer Zeit, dass von der Eieruhr ein Zeichen ausging, dass die Gans aus dem Ofen gezogen werden solle. Diese Gans war nicht die allererste. Sie war eine von vielen Gänsen in einer langen Tradition des Weihnachtsfestes. Das Essen ist der letzte Moment, in dem alle noch auf einen guten Ausgang der Feier hoffen können. Wer den Mund voll hat, der kann kein Streitgespräch beginnen. Doch unter dem Tisch werden die Waffen schon gewetzt. Je später der Abend, desto mehr Angriffslust steckt zwischen den Winkeln des Stunden- und Minutenzeigers. Es schlägt die Stunde der ungeklärten Konflikte.

Lied von Vorwürfen

Die Schwiegermutter deutet an, dass die Bratensoße doch hätte passiert werden sollen. Die Schwiegertochter nimmt dies als weiteren Affront gegenüber ihren Fähigkeiten als Hausfrau. „Meinen Kindern schmeckt immer, was ich koche!“, setzt sie zur Verteidigung an. Doch Kinder sind leider grausam ehrlich. „Bei Oma schmeckt es immer am besten“, sagt die kleine Enkelin treuherzig und hofft auf ein kleines Bonusgeschenk unter dem Baum. „Sag’ Du doch auch mal was!“, fordert die Schwiegertochter resolut ihren Ehemann auf. Doch der kämpft bereits auf einem anderen Schlachtfeld. Er ist unzufrieden mit der Krawatte, die ihm seine Schwester geschenkt hat. „Sie und ihr Geiz“, denkt er sich. Er befindet, dass sein Geschenk der Krawatte weit überlegen ist. Überhaupt sei ein solch hoch moderner Schnellkochtopf ein weitaus praktischeres Geschenk. Seine Schwester ist da ganz anderer Meinung, sie sieht in dem Küchenutensil lediglich eine weitere Stichelei ihres Bruders. Die Botschaft: Frauen gehören an den Herd! Die Deeskalationsstrategie an diesem heiligen Abend ist das gemeinsame Singen am Klavier. Doch die Kinder streiten sich, wer neben der Mutter auf dem Klavierhocker sitzen darf. Der Opa singt wie jedes Jahr falsch. Er lässt die Disharmonie des Abends noch bei Jingle Bells hörbar werden. Das wiederum erzürnt vor allem seine Frau, die ihm bei jeder falschen Note in die Seite pikst. Als die Mutter dann plötzlich davon überzeugt ist, dass ihr Mann seiner Schwägerin eindeutig zu tief in den Ausschnitt schaut, endet das Liedersingen in einem Crescendo der Eifersucht.

Heiligabend ist die beste Zeit für einen zünftigen Familienstreit. Alle Protagonisten kommen an einem Ort zusammen. Ihre Nervenkostüme sind schnell so angenagt wie Lebkuchenhäuser zu später Stunde. Und die können ganz plötzlich zusammenstürzen. Zuckerguss ist kein guter Kitt. Seit Jahren werden brisante Themen unter den Familienteppich gekehrt. Der weihnachtliche Hausputz wirbelt sie auf. Besser Sie halten Ihre Waffen zur Verteidigung bereit und sind jederzeit in der Lage, einen strategischen Gegenangriff zu starten. Nutzen Sie die Zeit bis zum Fest, der Heilige Abend kann lang werden!

Zurück zur Übersicht

<< März 2024 >>
MoDiMiDoFrSaSo
26272829123
45678910
11121314151617
18192021222324
25262728293031
logisch! Zeitung der Katholischen Citykirche Wuppertal