Ausgabe 10, Dezember 2013

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Hier gilt (die) GOT
Wuppertaler Vereine unterstützen Haustiere und Halter


Nicht nur Futter: Für eine kleine Spende verteilt der Pfotentisch Wuppertal auch Halsbänder und andere Accessoires für die Liebsten.

Text und Bild Eduard Urssu

“Baby“ ist erst wenige Monate alt. Ihr genaues Alter kann nicht mehr bestimmt werden. Dafür war „Baby“ zu verwahrlost gewesen, als sie gefunden wurde. Vermut- lich war „Baby“ mehrere Tage alleine in der Kälte unterwegs. „Baby“ ist eine jun- ge Perserkatze, die wenige Wochen nach der Geburt einfach weggeworfen wurde. „Wahrscheinlich stammt sie aus einer Hin- terhofzucht“, sagt Anke Stein, die Vorsit- zende des Katzenschutzbundes Wuppertal. „Sie hat eine Kieferfehlstellung, wegen der sie vermutlich auch ausgesetzt wurde. Bis- lang haben wir uns nicht getraut, ihr einen richtigen Namen zu geben, weil wir nicht wussten, ob sie durchkommt“, sagt Anke Stein, Vorsitzende des Vereins Katzen- schutzbund Wuppertal. Seit Tagen versu- chen die Mitarbeiter des Vereins, „Baby“ aufzupäppeln. Alle paar Stunden bekommt sie frische Aufbaunahrung mit einer Pipet- te Tropfen für Tropfen in das kleine Maul eingebracht. Für Anke Stein ist das Alltag. Später wird „Baby“ einen richtigen Namen erhalten – sie soll Schneewittchen“ heißen.

„Wir haben allein in unserer Quarantänestation (Anm. d. Red.: der genaue Standort der Pflegestation darf nicht genannt werden, die Kontaktaufnahme mit dem Verein erfolgt telefonisch) mehr als 30 Tiere, weitere 40 Tiere sind in Pflegestellen untergebracht“, erklärt Anke Stein. Darunter sind Fundkatzen und Tiere aus verwahrlosten Haushalten, aus illegalen Zuchtbetrieben und beschlagnahmte Tiere. „Es ist manchmal erschütternd, wie Menschen mit Tieren umgehen“, sagt Anke Stein, die sich bereits seit 15 Jahren für Katzen engagiert. „Wir haben den Verein gegründet, um wilde, streunende Katzen zu versorgen. Seit Anfang des Jahres gibt auch das Ordnungsamt seine Fundtiere in unsere Obhut.“ Der Wuppertaler Tierschutzverein hatte Ende vergangenen Jahres den Vertrag mit dem Ordnungsamt über die Aufnahme von Fundtieren gekündigt, wegen fehlender Kapazitäten.

Fehlende Kapazitäten? Das betrifft auch die Quarantänestation des Katzenschutzbundes. Denn die platzt sprichwörtlich aus allen Nähten. Die Katzen tummeln sich dort auf engstem Raum. Obwohl Boden und Wände gefliest sind, zieht ein aufdringlicher Geruch durch die Räume. „Wir haben knapp 90 Quadratmeter zur Verfügung“, erklärt Anke Stein „und das auch nur befristet.“ Am 31. März 2014 läuft der Mietvertrag aus und bislang ist noch kein neues Domizil in Sicht. Dass Wuppertal einen Ort wie diesen braucht, das sagt auch Ulrike Schmidt-Keßler, die Abteilungsleiterin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt, auf eine Anfrage. „Der Bedarf ist da, nur der Platz fehlt uns“, fasst Anke Stein das Dilemma zusammen. Deshalb sucht der Verein nach einer neuen Bleibe. „Wir brauchen schon um die 150 Quadratmeter, nach Möglichkeit freistehend oder entfernt von Wohnquartieren. Schließlich ist die Geruchs- und Lärmbelästigung groß. Vor allem dann, wenn verletzte Tiere untergebracht werden“, sagt Anke Stein.

Hohe Kosten

Nicht nur die ungeklärte Unterbringung der Tiere macht dem Verein zu schaffen, auch die laufenden Kosten sind ohne Spenden kaum zu stemmen. Rund 5.000 Euro im Monat bringen Anke Stein und ihre Katzenfreunde auf. „Mal mehr, mal weniger. Mehr, wenn wir viele von diesen Fällen haben“, sagt Anke Stein und nimmt einen jungen Karthäuserkater auf den Arm. „Er ist einfach aus dem Fenster geworfen worden. Bei einer Notoperation konnten die schweren Knochenbrüche gerichtet, und das zertrümmerte Schultergelenk durch ein Titangelenk ersetzt werden“, erklärt Anke Stein. Solche Operationen sind teuer. Doch selbst wenn Tierärzte unentgeltlich helfen wollten, dürften sie es nicht: „Es gilt die GOT, die Gebührenordnung für Tierärzte, die ein ehrenamtliches Engagement verbietet.“

Zur Weihnachtszeit

Die aufgepäppelten Katzen werden nach Möglichkeit weitervermittelt, an Pflegefamilien oder neue Besitzer. „Wir geben die Tiere für eine Schutzgebühr von 100 Euro ab. Dafür sind sie gesund, kastriert und haben einen Chip“, sagt Anke Stein. Allerdings nicht in der Zeit vom 15. Dezember bis nach Neujahr. „Eine Katze hat einfach nichts unterm Weihnachtsbaum zu suchen. Viele dieser ‚Geschenke’ landen nach kurzer Zeit auf der Straße oder werden an Autobahnraststätten ausgesetzt“, empört sich Anke Stein.

Tiere auszusetzen – das ist in der heutigen Gesellschaft keine Seltenheit. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die ihr letztes Hemd für ihr Tier geben. Viele dieser aufopferungsbereiten Tierhalter sind den Mitgliedern des Vereins Pfotentisch Wuppertal wohlbekannt. Sie verteilen mehr als 1.000 Dosen Tierfutter an bedürftige Menschen, damit die nicht ihre Sozialkontakte verlieren. „Wenn eine 80-jährige Dame mit ihrem Dackel zusammenlebt, dann will sie ihren letzten verbliebenen Lebenspartner nicht auch noch verlieren. Deswegen geht sie in betagtem Alter noch bei fremden Leuten putzen. Die Generation ‚Kleine Rente’ kann keine großen Sprünge machen“, weiß Angela Bosompen, die stellvertretende Vorsitzende des Vereins.

Nicht nur Wuppertaler

Seit fünf Jahren leistet der Pfotentisch Wuppertal Hilfe für Tier und Mensch. Nicht nur für Wuppertaler. Jeden 3. Samstag im Monat gehen Tierfutter, Halsbänder und Kratzbäume über die provisorische Ladentheke im Wohnhaus am Hesselnberg 39. Die Kunden kommen aus Wuppertal, Remscheid und Solingen, einige sogar aus Hagen. „Die Tierhalter benötigen die Hilfe, damit sie die letzten Tage im Monat über die Runden kommen. Daher haben wir diesen Termin gewählt. Am Donnerstag danach fahren Ehrenamtliche die Haltestellen der Wuppertaler Tafel ab und verteilen auch dort Tierfutter. Die Menschen freuen sich über jede Kleinigkeit“, sagt Angela Bosompen.

Finanzierung

Keine Kleinigkeit ist die Finanzierung dieser Hilfsaktionen. Jede Spende ist willkommen, natürlich. Zudem veranstaltet der Pfotentisch regelmäßig Aktionen, um Geld zu sammeln. „Vereinsmitglieder stricken, häkeln und verkaufen Trödel auf Flohmärkten. Das alles hilft unserer Arbeit für Mensch und Tier“, sagt Angela Bosompen. Auch selbstgebackene Hundekekse, die beim Tierfutter-Großhändler in Kommission verkauft werden, „alles hilft unserer Arbeit für Mensch und Tier.“ Nur so kann der Verein die mehreren Hundert Tiere versorgen.

Unterstüzung

Die gemeinnützigen Vereine Katzenschutzbund Wuppertal und Pfotentisch Wuppertal sind auf Spenden angewiesen, um Tiere und Menschen in Not unterstützen zu können. Geld und Sachspenden sind gleichermaßen willkommen.
Der Katzenschutzbund Wuppertal ist telefonisch unter 75 35 04 erreichbar. Die Durchwahl des Pfotentisches in Wuppertal ist 253 50 98.

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