Das Wort zur Woche (11. Mai 2025 - Vierter Sonntag der Osterzeit, Lesejahr C)

Katharina Nowak
Jan Simon Wacker ist der neue theologische Assistent in der Katholischen Citykirche Wuppertal (Foto: Christoph Schönbach)

Der Hirte

Liebe Leserinnen und Leser,

wer hätte das gedacht: nach nicht einmal zwei Tagen, genau genommen nur etwas mehr als 24 Stunden nach Beginn des Konklaves steigt weißer Rauch im Vatikan auf. Ich definitiv nicht! Hätte ich wetten wollen, vor Freitagnachmittag hätte ich nie mit einer Entscheidung in der Sixtinischen Kapelle gerechnet. Aber so war es nicht, es dauerte nur vier Wahlgänge und es gibt wieder einen neuen Hirten für uns Katholikinnen und Katholiken – Papst Leo XIV.

Doch was für ein Hirte wird er? Ein guter? Ein harter? Einer, der vermittelt und zusammenführt? Oder einer, der polarisiert und spaltet? So wirklich sagen kann man das drei Tage nach Ende des Konklaves noch nicht.

Aber es lassen sich doch zumindest erste Tendenzen sehen, in welche Richtung es weitergehen könnte. Ich erspare Ihnen eine allzu detaillierte Auflistung aller inzwischen getätigten oder zu Tage getretenen theologischen Äußerungen unseres neuen obersten Hirten, aber auf zwei, drei möchte ich doch gerade in Bezug zu den Schriftlesungen des heutigen Sonntags eingehen. Denn passenderweise ist der vierte Sonntag der Osterzeit der ‚Sonntag des guten Hirten‘. Über die drei Lesejahre hinweg begegnen uns an diesem Sonntag Auszüge aus der Hirtenrede Jesu (Joh 10,1-39).

Bereits in seiner ersten Ansprache auf der Benediktionsloggia des Petersdoms verwendet Leo XIV. das Bild des auferstanden Christus als der gute Hirte und wünscht dessen Frieden auf die ganze Erde hinab. Doch in diesen ersten Worten sagte er noch viel mehr: Neben der Wichtigkeit des Frieden in der Welt, der Liebe Gottes zu den Menschen und untereinander und des Dialogs zwischen allen Menschen, gibt er auch ein Bekenntnis zur synodalen Kirche, erwähnt die Wichtigkeit der Hingabe an die Leidenden und spricht von seiner Zuversicht, dass das Böse in der Welt nicht triumphieren wird.

Man schließt ja auch immer aus der Namenswahl des Papstes auf seine Ansichten. Der letzte Leo auf dem Stuhl Petri – Leo XIII. (*1810 - †1903) – ist vor allem für seine Enzyklika ‚Rerum Novarum‘ bekannt, in der er sich gegen den Kapitalismus und für den Menschen stark gemacht hat und auf dessen Worte sich die katholische Soziallehre immer wieder berufen hat.

Und als letztes noch ein Zitat aus seiner Zeit als Präfekt des Dikasteriums für die Bischöfe. Er ermahnte Ende des letzten Jahres seine bischöflichen Mitbrüder, kein „kleiner Prinz zu sein, der in seinem Königreich sitzt“. Das demütige Auftreten seines Vorgängers Papst Franziskus ist ein sehr gutes Beispiel dafür.

Wenn dies die Themen sind, die Leo XIV. zu den Hauptaufgaben seines Pontifikates machen möchte, dann stimmt mich das froh! Doch erst einmal genug dazu und wenden wir den Blick den Schriftlesungen von heute zu. Auf drei Zitate möchte ich näher eingehen.

Denn so hat uns der Herr aufgetragen: Ich habe dich zum Licht für die Völker gemacht, bis an das Ende der Erde sollst du das Heil sein. Apg 13,47

Die Botschaft des Evangeliums richtet sich an alle Menschen überall und zu jeder Zeit und muss daher immer wieder neu betrachtet werden und in ihrer Aktualität erkannt werden. Dies ist jedoch nur möglich, wenn wir Christinnen und Christen im Dialog mit unserem Umfeld bleiben. Die Lebenswirklichkeiten unserer Mitmenschen erkennen und auch annehmen, zu helfen und Missstände anzusprechen ist nötig um zum Heil der Erde beizutragen. Nicht der Rückzug der Kirche ins Private ist das Richtige, sondern der Aufbruch zu den Menschen, wie schon bei den Aposteln und deren Reisen im Mittelmeerraum. Der christliche Glaube ist inklusiv – nicht exklusiv – er wendet sich denen zu, die zuhören wollen, egal wer und woher sie sind.

[…] Eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen; niemand konnte sie zählen. Sie standen vor dem Thron und vor dem Lamm, gekleidet in weiße Gewänder, und trugen Palmzweige in den Händen. Offb 7,9

Dieses Bild aus der Endzeit wünsche ich mir auch für unsere Tage. Menschen, die – wo auch immer sie zusammenkommen – nicht auf die Unterschiede der Versammelten achten. Eine Vielfalt in der Versammlung ohne Ausgrenzung, Herabwürdigung oder Vorurteile. Das in unserem Alltag die Würde und die Rechte des Einzelnen von allen anderen Menschen, vom Gesetz und von den Regierenden immer, überall und jederzeit beachtet werden. Nicht gleichmachend und vereinheitlichend, sondern die Eigenheiten und Besonderheiten beachtend, aber immer der Maxime folgend, dass meine Freiheit dort endet, wo die meines gegenüber beginnt. Es ist unsere Aufgabe Brücken zu bauen und keine Gräben zu ziehen.

Meine Schafe hören auf meine Stimme; ich kenne sie und sie folgen mir. Ich gebe Ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen und niemand wird sie meiner Hand entreißen. Joh 10,27f

Die Worte des Evangelisten zeugen von einer engen Beziehung des Hirten zu seiner Herde. Es gibt Nähe und Vertrauen, keine Distanz. Christus ist dieser Hirte, er ist immer für uns da. Der Hirte kennt uns und weiß um unsere Wünsche, Sorgen und Nöte. Dieses Wissen um die Dinge, die uns bewegen beinhaltet zwingend aber auch, dass der Hirte aufmerksam ist und uns zuhört.

Ich bin der gute Hirt. Der gute Hirt gibt sein Leben hin für die Schafe. Joh 10,11

Was also macht den guten Hirten aus? Er weiß um die Probleme unserer Zeit und muss diese auch aus- und ansprechen. Und je nach Ort und Lage ist es die Aufgabe des Hirten auf große und kleine, tagesaktuelle oder längerfristige Missstände hinzuweisen zum Wohle aller Menschen und der Schöpfung. Denn wenn der Hirte – oder größer gefasst die christlichen Kirchen – den Blick auf die aktuelle Realität und die Übel der Zeit verliert, dann wird er beliebig, austauschbar und verliert seine gesellschaftliche Relevanz und nicht andersherum! Manchmal muss der gute Hirte auch ein Stachel sein um seine Aufgabe zu erfüllen.

Dies und vielleicht noch ein bisschen mehr wünsche ich Leo XIV. von ganzem Herzen: Möge er in diesen turbulenten Zeiten ein guter Hirte sein und diese Aufgabe mit Hingabe erfüllen, nicht nur für uns – seine Herde, sondern für alle Menschen.

Aber nicht nur die Hirten – die Päpste, Bischöfe, Priester und Diakone – sind aufgerufen sich an diese Maximen zu halten. In der Nachfolge Christi, in der sich alle Christinnen und Christen befinden, sollte ein jeder von uns die christlichen Werte so gut wie möglich in den Alltag integrieren und so ein Beispiel dafür sein, dass Nächstenliebe, Dialog und Frieden nicht erst in der Endzeit möglich sind, sondern schon hier und jetzt!

Eine gesegnete Woche wünscht Ihnen
Ihr Jan Wacker
Katholische Citykirche Wuppertal

Alle "Wochenworte" finden Sie in unserem Weblog "Kath 2:30":
"Wort zur Woche" auf Kath 2:30

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