Beharrlichkeit und Ausdauer
Liebe Leserinnen und Leser,
eine Schlacht, (wieder) ermahnende Worte und ein ungerechter und selbstgefälliger Richter waren die Hauptaussagen aus den drei Bibelstellen des heutigen Sonntags, die bei mir nach der ersten Lektüre hängen geblieben sind. Dementsprechend groß war auch meine Begeisterung, mich näher mit den Texten zu befassen… hatte ich doch das Gefühl, dass sie mich nicht richtig ansprechen.
Nun gut, ganz so schlimm wird es wohl nicht sein. Als man die Texte schrieb und einige Zeit später dann auch auswählte, als es darum ging den christlichen Kanon zu definieren, da war der Inhalt der Texte wichtig genug, dass sie in den Kreis der Heiligen Schrift aufgenommen wurden. Also noch einmal ran an die drei Bibelpassagen und mit einem neuen Paar Augen darauf geschaut: Es gibt Gemeinsamkeiten und mehrere Botschaften, die die Geschichte der Israeliten im Kampf gegen die Amalekiter, die Worte Paulus‘ an Timotheus und das Gleichnis des gottlosen Richters mit einander verbinden – Beharrlichkeit und Ausdauer. Beide Wesensattribute sind für den tatsächlichen oder erwarteten Ausgang der biblischen Texte von großer Bedeutung.
Josua und die Israeliten ziehen in den Kampf gegen Amalek und seine Männer. Mose, Aaron und Hur begeben sich auf einen nahegelegenen Berg und beobachten das Kampfgeschehen, wobei Mose den Kampf durch sein Gebet mit ausgestreckten Händen unterstützt.
Solange Mose seine Hand erhoben hielt, war Israel stärker; sooft er aber die Hand sinken ließ, war Ámalek stärker. Ex 17,11
Doch irgendwann verlassen Mose seine Kräfte und er kann die Hände nicht mehr oben halten. Hier kommen Aaron und Hur ins Spiel.
Als dem Mose die Hände schwer wurden, holten sie einen Steinbrocken, schoben den unter ihn und er setzte sich darauf. Áaron und Hur stützten seine Arme, der eine rechts, der andere links, sodass seine Hände erhoben blieben, bis die Sonne unterging. Ex 17,12
Mit Beharrlichkeit und Ausdauer sowie einer gehörigen Portion gewitzter Schläue (und Gottes Hilfe) überwinden die Israeliten schließlich die Amalekiter.
Ähnlich ist es auch im Evangelium; die stetig nörgelnde Witwe, die den gottlosen Richter so lange nötigt, kommt durch Beharrlichkeit und Ausdauern an ihr Recht. Doch nicht aus Berufsethos oder Gerechtigkeitssinn des Richters, sondern allein aus dessen egoistischen Gründen.
Weil mich diese Witwe aber nicht in Ruhe lässt, will ich ihr Recht verschaffen. Sonst kommt sie am Ende noch und schlägt mich ins Gesicht. Lk 18,5
Am stärksten finden sich die beiden Merkmale jedoch im zweiten Brief des Apostels Paulus an Timotheus; er regt genau genommen am Anfang und am Ende der Passage zu Beharrlichkeit und Ausdauer an.
Bleibe bei dem, was du gelernt und wovon du dich überzeugt hast. 2 Tim 3,14
Verkünde das Wort, tritt auf, ob gelegen oder ungelegen, überführe, weise zurecht, ermahne, in aller Geduld und Belehrung! 2 Tim 4,2
Paulus ermahnt nicht nur dazu, bei der erlernten und für gut befundenen wahren Botschaft zu bleiben, sondern diese auch unbeugsam und beständig weiterzugeben.
Diese Beharrlichkeit und Ausdauer der biblischen Akteure ist ein Vorbild für uns in unserm Handeln nach dem Guten zu streben:
Es gibt noch eine weitere Gemeinsamkeit der drei Perikopen: Ihre Schlussverse (beziehungsweise in der ersten Lesung der darauffolgende Vers) bilden einen Dreiklang aus Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. In Exodus ist es der Wunsch Mose, die Geschichte der Überwindung der Amalekiter durch Gottes Beistand aufzuschreiben und für kommende Generationen zu bewahren, im zweiten Timotheusbrief, die bereits erwähnte andauernde Weitergabe der göttlichen Botschaft und im Lukasevangelium die abschließende Frage Jesu:
Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden? Lk 18,8
Jesu Frage ist hier äußerst provozierend, immerhin richtet er sie an die eigenen Jünger, die die am besten in seinem Denken und unterwiesen sind. Was mögen diese sich wohl bei der Frage gedacht haben? Sie konnten nicht und wir können nicht wissen, was sein wird, wenn der Tag kommt. Sicher ist, dass nicht Passivität zu Veränderung führt, sondern dass im Handeln die Hoffnung auf Verbesserung verborgen liegt, es ist mehr als naiver Optimismus.
Gerechtigkeit kommt nicht von allein. Sie braucht uns, die wir uns dafür einsetzen, dass die Welt sich zu einer besseren verändert. Und vielleicht müssen wir ihr sprichwörtlich die Arme stützen, wenn ihr der Atem droht auszugehen…
Eine gesegnete Woche wünscht Ihnen
Ihr Jan Wacker
Katholische Citykirche Wuppertal
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