Jesus berührbar machen
Liebe Leserinnen und Leser,
am kommenden Donnerstag feiern wir das Hochfest Christi Himmelfahrt. Die Erzählung ist ebenso bekannt wie eindringlich. Der Auferstandene gibt seinen Jüngern letzte Anweisungen. Nur noch wenige Augenblicke, dann wird er nicht mehr bei ihnen sein. Er wird zum Vater heimkehren. Er wird nicht mehr in dieser konkreten Weise da sein, die unmittelbare Begegnungen ermöglicht. Er verheißt seinen Jüngern vor seiner Himmelfahrt aber die Sendung des Heiligen Geistes, die ihnen Kraft geben wird. Eine Kraft, die sie verwandeln wird. Bisher waren sie Jünger, also Schüler. Jetzt aber bekommen sie einen neuen Auftrag:
„Ihr werdet meine Zeugen sein in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an die Grenzen der Erde.“ (Apg 1,8b)
Die Zeit ihrer Schülerschaft ist beendet. Es ist jetzt an ihnen, das Evangelium in Wort und Tat in die Welt zu tragen – und damit das Werk Jesu fortzusetzen.
Auch das Evangelium vom 6. Sonntag der Osterzeit im Lesejahr C verkündet diesen Auftrag – freilich nicht ganz so offensichtlich, wie es der Auferstandene bei seiner Himmelfahrt tut. Das ist kein Wunder. Das Evangelium entstammt den Abschiedsreden, die Jesus im Johannesevangelium vor seinem Leiden, Sterben und Auferstehen an die Jünger richtet. Noch ist nichts klar. Vieles mag für die Jünger rätselhaft erschienen sein. Jesus erklärt in den Abschiedsreden im Vorhinein, was sein kurz bevorstehendes Schicksal bedeutet. Und so sagt er jetzt schon, was der Auferstandene vor der Himmelfahrt unumwunden spricht:
„Wenn jemand mich liebt, wird er mein Wort halten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm Wohnung nehmen. Wer mich nicht liebt, hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, stammt nicht von mir, sondern vom Vater, der mich gesandt hat. Das habe ich zu euch gesagt, während ich noch bei euch bin. Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (Joh 14,23-26)
Die Liebe Gottes, die in Jesus sichtbar wird, soll auch in seinen Jüngern Gestalt annehmen. Der Heilige Geist wird die neue Gegenwart Gottes bei und in den Jüngern sein, wenn Jesus nicht mehr unter ihnen sein wird. Die Sache Gottes geht weiter! Das ist mal eine Ansage! Und auch eine Zumutung!
Gerne wird in der Kirche von Evangelisierung gesprochen. Nicht selten ist dann davon die Rede, dass man Jesus wieder berührbar machen solle. Wie aber soll das geschehen? Er ist doch zum Himmel aufgefahren – oder, wie er es mit seinen eigenen Worten im Evangelium vom 6. Sonntag der Osterzeit im Lesejahr C sagt:
„Ich gehe fort und komme wieder zu euch. Wenn ihr mich liebtet, würdet ihr euch freuen, dass ich zum Vater gehe; denn der Vater ist größer als ich.“ (Joh 14,28)
Wir leben in einer Zeit der Erwartung der Wiederkunft Jesu Christi. Aber es ist eine Zeit des „Schon – und noch nicht“. Wir sind schon erlöst, aber noch ist die Welt nicht vollkommen heil! Genau so verheißt es Jesus selbst im Evangelium:
„Jetzt schon habe ich es euch gesagt, bevor es geschieht, damit ihr, wenn es geschieht, zum Glauben kommt.“ (Joh 14,29)
Für diese Zwischenzeit gibt Jesus den Seinen den Auftrag, sein Werk weiterzuführen und die frohe Botschaft vom nahen Reich Gottes in Wort und Tat zu verkünden. Im Lukasevangelium spricht er klar:
„Wer euch hört, der hört mich.“ (Lk 10,16a)
– ein Satz, den er nicht nur an die Apostel, sondern an alle richtet, die in seinem Auftrag unterwegs sind. Wer Jesus berührbar machen will, muss deshalb sich berührbar machen.
Glück auf und Frieden über Israel,
Ihr Dr. Werner Kleine, PR
Katholische Citykirche Wuppertal
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