Das Wort zur Woche (28. Dezember 2025 - Sonntag in der Weihnachtsoktaf/Fest der Heiligen Familie, Lesejahr A)

Dr. Werner Kleine
Dr. Werner Kleine, PR

Aus Israel für Israel

Liebe Leserinnen und Leser,

unruhig sind die Zeiten, unruhig waren sie wohl immer. Kann sich jemand daran erinnern, wann die Zeiten einmal ruhig waren? Das Weihnachtsfest vor wenigen Tagen bedeutete für die eine oder den anderen vielleicht eine kleine Zäsur. Die Läufte der großen Konflikte in der Welt hat das Fest auch in diesem Jahr nicht angehalten: Russland zeigt auch an Weihnachten keinen Anstand und bombardiert zivile Infrastruktur und Wohngebäude, in Nigeria bangen Christen weiter um ihr Leben, im Sudan wird weiter gestorben und auch im Nahen Osten ist die Lage weiter prekär. Besonders hier wird Weihnachten von nicht wenigen auch im Westen instrumentalisiert. Da wird Jesus mal schnell zum Palästinenser erklärt - wohl weil der Geburtsort Bethlehem heute im Bereich der von der palästinensischen Autonomiebehörde verwalteten Gebieten, der sogenannten Zone A, liegt. Auch gibt es Weihnachtskarten, auf denen der neugeborene Jesus in Trümmern liegend in eine Kufija gewickelt liegt. Was auch immer die Absender damit sagen wollen - sie berauben Jesus jener Identität, die von nicht wenigen Palästinensern radikal in Frage gestellt wird. Nicht nur, dass es zu Zeiten Jesu keine Palästinenser gab, sondern bestenfalls eine von den Römern benutzte geografische Bezeichnung; dieser Jesus wurde eben auch als Jude geboren, als Jude erzogen und folgte, nach allem, was bekannt ist, auch die Thora, die Weisung JHWHs. Sicher konnte er mit anderen - im Neuen Testament werden Pharisäer und Sadduzäer sowie Schriftgelehrte erwähnt - über die Interpretation der Thora. Das alles war aber typisch jüdisch. Das Neue Testament erwähnt auch die in der Nachbarschaft ansässigen Völker: die Philister an der Küste, die Amalekiter im Süden, den Libanon und Syrien im Norden, sowie die Kanaaniter. Araber, auf die sich die heutigen Palästinenser zurückführen, finden sich bestenfalls in dem Bereich, den man damals die „Araba“ nannte, das Land östlich des Jordan im Bereich des heutigen Jordanien. Das Evangelium vom Sonntag in der Weihnachtsoktav, dem Fest der Heiligen Familie im Lesejahr A, erwähnt außerdem noch Ägypten als Fluchtort der jungen Familie. Interessanter aber ist in diesen Zeiten, dass Matthäus, der sein Evangelium wahrscheinlich in Syrien verfasst, die Zielangabe für die Rückkehr der Familie nach dem Ende der Gefährdung, die von Herodes ausging, präzise angibt:

„Als Herodes gestorben war, siehe, da erschien dem Josef in Ägypten ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter und zieh in das Land Israel; denn die Leute, die dem Kind nach dem Leben getrachtet haben, sind tot. Da stand er auf und zog mit dem Kind und dessen Mutter in das Land Israel. Als er aber hörte, dass in Judäa Archeláus anstelle seines Vaters Herodes regierte, fürchtete er sich, dorthin zu gehen. Und weil er im Traum einen Befehl erhalten hatte, zog er in das Gebiet von Galiläa und ließ sich in einer Stadt namens Nazareth nieder.“ (Mt 2,19-23)

Israel und Galiläa - das sind die Bezeichnungen, die im 1. Jahrhundert n.d.Z. für das Land, in dem Jesus wirkte, wohl üblich waren.

Wir Christen sind es gewohnt, höflich und zurückhaltend zu sein. Auch besteht kein Zweifel daran, dass Jesus zur Solidarität mit den Armen, Verfolgten und Schwachen gemahnt hat. Sein Gebot der Feindesliebe gehört wohl zu jenen, die selbst von vielen Christen schwer nachzuvollziehen ist. Wie er selbst sich heute zum Konflikt, an dem das Volk beteiligt ist, verhalten würde, was er selbst sagen würde, kann man nur erahnen. Zuallererst aber bleibt er Jude, ein Sohn des Volkes Israel, ein Mann der sagen wird:

„Das Heil kommt von den Juden.“ (Joh 4,22)

Auch hat er als Erwachsener wenigsten anfänglich so seine Schwierigkeiten mit Nichtjuden gehabt. Es mag nichtjüdische Christen - und zu diesen Heidenchristen dürfte die weitaus größte Mehrheit der Christen gehören - verstören, aber er verstand sich zuerst an sein Volk gesandt. Aus diesem Grund weist er das Ansinnen einer syro-phönizischen Frau, die um Heilung ihrer Tochter bittet, erst brüsk zurück:

„Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt (…) Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den kleinen Hunden vorzuwerfen.“ (Mt 15,24.26)

Die Frau muss ihn erst - nicht ohne Humor - überwinden, bevor er ihr hilft:

„Ja, Herr! Aber selbst die kleinen Hunde essen von den Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren fallen.“ (Mt 15,27)

Nein, dieser Jesus würde auch heute auf Seiten seines Volkes stehen. Er ist aus Israel und ist für Israel. Wahrscheinlich stünde er in Tel Aviv auf der Straße und würde für den Frieden eintreten. Er würde die gegenwärtigen Regierung möglicherweise an das jüdische Gebot der Menschlichkeit erinnern und den Soldaten raten:

„Misshandelt niemanden, erpresst niemanden, begnügt euch mit eurem Sold!“ (Lk 3,14)

Er selbst würde wieder den radikalen Weg des Gewaltverzichtes gehen. Und doch würde er den Seinen in den Zeiten der Not das Recht auf Verteidigung zugestehen, gleichzeitig aber vor jeder kriegsbereiten Angriffslust warnen:

„Jesus sagte: Jetzt aber soll der, der einen Geldbeutel hat, ihn mitnehmen und ebenso die Tasche. Wer dies nicht hat, soll seinen Mantel verkaufen und sich ein Schwert kaufen. (…) Da sagten sie: Herr, siehe, hier sind zwei Schwerter. Er erwiderte: Genug davon!“ (Lk 22,36.38)

Er würde dem Konflikt nicht aus dem Weg gehen. Er würde den Frieden suchen. Bei all dem aber würde er Jude bleiben, ein Kind aus dem Volk Israel. Wie nur konnte die Christenheit das über so viele Jahrhunderte übersehen. Und wieso wagen es heute so viele, das Zeugnis der Schriften so zu verdrehen, dass Jesus in ihren Kram passt. Das hat wohl Tradition: diesen Jesus so passend zu machen, dass man sich in ihn verlieben kann. Das ist aber nicht dieser Jesus, der bis heute verstört, wenn man ihn ganz und gar zur Kenntnis nimmt. Das gehört eben auch zu Weihnachten, dass da kein Engelschor am Himmel sang, sondern die himmlischen Heerscharen. Der Himmel zeigt sich wehrhaft, wenn es um das jüdische Kind in der Krippe geht, den Christen als Sohn Gottes bekennen - nicht, weil Weihnachten so schön war, sondern weil er vom Kreuzestod auferstanden ist. Werden wir für ihn eintreten und streiten, wenn es notwendig ist? Werden wir bereit sein, wenn er wiederkommt? Werden wir, wie die Syro-Phönizierin, nicht locker lassen, weil in ihm Heil ist? Glaube ist ein Tatwort. Macht also die schlaffen Hände stark und bleibt aufrecht!

Glück auf und Frieden über Israel!

Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Neues Jahr 2026
Ihr Dr. Werner Kleine, PR
Katholische Citykirche Wuppertal

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