Ausgabe 7, Dezember 2012

Zurück zur Übersicht

Der Nikolaus im Schafspelz
Von antikapitalistischen Nikoläusen und einem Integrationsplädoyer für Bartträger

 Allein unter Weihnachtsmännern. Gleich David gegen Goliath scheint der Kampf der Schokonikoläuse.

Allein unter Weihnachtsmännern. Gleich David gegen Goliath scheint der Kampf der Schokonikoläuse.

Text und Bild Janina Kusterka 

Der Weihnachtsmann steht für Kommerz und Konsum. Er übertönt mit seinem aufdringlichem „Ho Ho Ho“ und dem darauf folgenden Geschenkpapierrascheln die Besinnlichkeit. Dieser „amerikanische Konsumonkel“ ist die Wurzel allen Übels. Er hat sich, man mag es nicht glauben, sogar mit der Schokoindustrie verbrüdert und ist zu einem Monopolisten geworden. Ein Monopolist? Aber ja! Nur er wird noch zur Weihnachtszeit in Schokolade gegossen. O tempora, o mores! Wo bleiben da die guten katholischen Werte? Und vor allem: wo der Heilige Nikolaus?

Es gibt eine letzte Instanz, die diesen verkommenen Sitten trotzen will. Das Bonifatiuswerk rief zum elften Mal die „Weihnachtsmannfreie Zone“ aus. Durch das Verteilen von Nikoläusen wollen sie dem Weihnachtsmann eine deutliche Absage erteilen. Gleich dem gallischen Dorf von Asterix, das alleine dem römischen Imperator noch Widerstand leistet, trotzen sie der weihnachtlichen Bedeutungslosigkeit. Nur ohne Zaubertrank eben, dafür mit Schokolade. Ist dies das Misstrauen der katholischen Kirche gegen alles Weltliche oder kann wirklich nur der originale Nikolaus für ein Halleluja im Dezember sorgen?

Das Original

Der Nikolaus stand nie im Verdacht eine Erfindung von Coca-Cola zu sein. Somit ist er für das Bonifatiuswerk die einzig wahre und integre Identifikationsfigur des Dezembers. Der Nikolaus lebte wirklich und zwar im 4. Jhd. als Bischof in Myra in der Türkei. Bereits seit dem 16. Jhd werden Kinder zu seinem Todestag am 6. Dezember beschenkt. Schon zu seinen Lebzeiten wurde er in der Ostkirche als Heiliger verehrt. Nikolaus soll drei Mädchen vor ihrem Verkauf an ein Freudenhaus bewahrt, drei zerstückelte Knaben wieder zum Leben erweckt und drei Seeleute aus Seenot gerettet haben. Zum Nikolaustag sollten wir seiner gedenken und versuchen uns an seinen guten Taten ein Vorbild zu nehmen. Muss man aber deswegen den Weihnachtsmann zum Nordpol schicken?

Bart und Mantel

Im Vergleich zum Nikolaus entwickelte sich der Weihnachtsmann erst sehr spät. Er ist eine Art EU-Reimport. Er geht auf die Figur des Nikolaus zurück. Dieser war in Holland als Sinter Klaas bekannt und wanderte von dort nach Amerika aus. Wie das bei Emigranten so ist, mischten sich in Amerika Traditionen des Nikolauses mit jenen des „Father Christmas“, den die Briten mitbrachten. Aus diesem kulturellen Clash wurde der „Santa Claus“, der schließlich als Weihnachtsmann zu uns zurückkehrte. Was hat Coca-Cola nun eigentlich mit Weihnachten zu tun? Eine dem Weihnachtsmann sehr ähnliche Figur wurde schon 1822 in einem Gedicht von Clement C. Moore beschrieben. Hoffmann von Fallersleben schrieb dann 1840, und damit mehr als 50 Jahre vor der Firmengründung von Coca-Cola, das Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“. Coca-Cola kann den Weihnachtsmann somit gar nicht ersonnen haben, wie es moderne Legenden behaupten, die Macht der Konzerne wird hier ausnahmsweise einmal völlig überschätzt. Selbst den roten Mantel zog ihm erstmals jemand anderes an. Es war der aus der Pfalz stammende New Yorker Karikaturist Thomas Nast, der ihn 1863 für die Zeitung „Harpers Weekly“ zeichnete und damit das Erscheinungsbild dieser Figur entscheidend prägte. Erst drei Jahrzehnte nach Nasts Tod im Jahr 1931 griff der bekannte Limonadenhersteller schließlich die Karikaturen wieder auf und nutzte sie für seine Werbung.

 

Kommentar:

Ist die Vorweihnachtszeit wirklich nicht lang genug für zwei Bartträger?
Der Nikolaus steht außerhalb der Süßwarenregale eigentlich in keiner Konkurrenz zum Weihnachtsmann. Eine tolerante Koexistenz sollte doch möglich sein. Wenn der Nikolaus am 6. Dezember wieder geht, ist genug Platz für den Weihnachtsmann, der so viele Kinderaugen erwartungsfroh leuchten lässt.
Bei diesem Weihnachtsmanndiskurs muss man sich doch viel eher fragen, auf wessen Seite eigentlich das Christkind steht. Hat da schon einmal wer dran gedacht?

Das Christkind scheint doch viel subversiver. Dieses ist schließlich eine Erfindung von Martin Luther, der mit den katholischen Heiligen nicht viel anfangen konnte und Alternativen suchte. Sind die Anhänger der Weihnachtsmannfreien Zone pro Christkind? Letztlich also pro lutherischer Nikolausersatzfigur? Oder bringt gar niemand Geschenke zur Geburt Christis in die Weihnachtsmannfreien Zonen?

Also bitte, liebe Katholiken, ein wenig Nächstenliebe wird doch auch für den Weihnachtsmann abfallen. Es besteht kein Grund, zum stets verneinenden Geist alles Weltlichen zu werden und dem Weihnachtsmann den Job nehmen zu wollen. Da hängen doch auch noch viel mehr Arbeitsplätze dran. Denken Sie mal nach. Muss auch der Osterhase seinen Job an den Nagel hängen? Darf Knecht Ruprecht weiter draußen vom Walde herkommen oder muss er dort bleiben? Geschenke alleine machen für die wenigsten das Weihnachtsfest aus - Nikolaus hin oder her.

Ob Weihnachtsmann, Nikolaus oder Christkind, in irgendeiner Weise verkörpern alle diese Wesen den Geist der Weihnacht. Mit diesem ganz eigentümlichen Gefühl im Dezember, das gewiss nicht alleine vom Glühwein herrührt. Vielleicht hängt Weihnachten nicht an den Geschenken so sehr, vielleicht bedeutet Weihnachten ein klein wenig mehr! Und wenn es um Geschenke geht, vertraue ich persönlich sowieso auf den Zalando-Mann aus der Werbung. Der ist eh schneller. Und man hat auch noch 100 Tage Rückgaberecht.

Das meint Janina Kusterka

 

Zurück zur Übersicht

<< März 2024 >>
MoDiMiDoFrSaSo
26272829123
45678910
11121314151617
18192021222324
25262728293031
logisch! Zeitung der Katholischen Citykirche Wuppertal