Ausgabe 18, Mai 2017

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Die Madonna und ihre spirituelle Tankstelle

Papst Pius XII erklärte 1948 die Madonna del Ghisallo zur Schutzheiligen der Radsportler.

Text Daniela Ullrich
Bilder Christoph Schönbach

Radfahren erlebt in Wuppertal eine Renaissance. Wegen des Leuchtturmprojekts der Wuppertalbewegung – der Nordbahntrasse – nutzen viele Menschen im Tal und auf den Höhen das Fahrrad wieder als Freizeitvehikel. Der Drahtesel bringt auch immer mehr Wuppertaler und Wuppertalerinnen zur Arbeit, zum Einkaufen – oder auch in die Kirche. Und manchmal kommt die Kirche auch zum Radfahrer.

„Dass Radfahren etwas mit Kirche zu tun hat, das finden wir sehr positiv“, sagte Ehrfried Frohmüller vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club vergangenen Oktober, bei einem Fahrradgottesdienst in der Vohwinkler Kirche Sankt Ludger. Dort, am Bremkamp, wo sich mittlerweile die Verlängerung der Nordbahntrasse und die Ausläufer der Korkenziehertrasse treffen, hatte die Ende der 1950er Jahre gegründete Gemeinde ihr Gotteshaus errichtet.

Beinahe 60 Jahre später hat die Kirche mit ihrer Lage an einem der wichtigsten Knotenpunkte des Radverkehrs im Bergischen Land nun eine neue Bedeutung bekommen: Sankt Ludger will Radfahrenden eine geistige Raststätte und spirituelle Tankstelle sein.

Denn Radfahren hat viel mit Glaube zu tun – gerade in Wuppertal: Ohne den Glauben an sich selbst, an die eigene Kraft und die Fähigkeit, eine Strecke – egal wie viel Prozent eine Steigung auch aufweisen mag – zu bewältigen, kommt man in Wuppertal nicht weit. Und an einem Anstieg mag Gott dem einen oder anderen plötzlich sehr nahe erscheinen. In Internetforen tauschen sich Radfahrer darüber aus, ob es einen Schutzheiligen gibt, den sie in diesen Momenten „am Berg“ anrufen könnten. Ja, es gibt einen solchen Patron – oder besser gesagt: Eine Patronin.

Der erste Wuppertaler Fahradgottesdienst, in der Gemeinde St. Ludger, fand großen Anklang.

Beim ersten Fahrradgottesdienst in der Gemeinde Sankt Ludger im Oktober, wurde die Madonna del Ghisallo in Wuppertal vorgestellt. Seit knapp 70 Jahren ist sie nun offiziell für die radelnden Kinder Gottes zuständig. Und das kam so: In den Bergen rund um den Comer See in Italien gibt es einen rund 750 Meter hoch gelegenen Ort namens Magreglio. Der Anstieg vom Ort Bellaggio dorthin ist gefürchtet: Mehr als acht Kilometer lang und im Schnitt 6,2 Prozent steil, die Maximalsteigung beträgt satte 14 Prozent! Wer da schon fast die gesamte Rundfahrt durch die Lombardei mitgemacht hat, dem brennen die Waden und der eine oder andere Fluch kommt fast wie von selbst über die Lippen. Manch ein radelnder Wuppertaler kennt dieses Gefühl vielleicht vom Anstieg zur Sambatrasse am Zoo entlang.

Und wen rufe ich in dieser Situation an? Genau, die Madonna del Ghisallo, deren Wallfahrts-Kapelle in Magreglio gefüllt ist mit Devotionalien berühmter Radsportler; von Alfredo Binda, Francesco Moser, Marco Pantani und von Mario Cipollini, um nur einige zu nennen. Galten die Madonna und ihre Wallfahrtskirche schon lange als Schutzpatronin der Reisenden, wurde sie Ende der 1940er Jahre von Papst Pius XII. offiziell zur Schutzheiligen der Radsportler ernannt und ihre Kapelle zum Mekka des Radsports. Seit Oktober hat ihr noch eindimensionales Abbild auch einen Platz in Wuppertal. Und Ehrfried Frohmüller hatte auch gleich einen Wunsch an sie: Immer einen Daumen breit Luft im Reifen.

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