Ausgabe 11, März 2014
Drei verschiedene Parteien ein Glaube. (v.l.n.r.) Arno Hadasch (CDU), Sabine Schmidt (SPD) und Marcel Simon (Bündnis90/Die Grünen)

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„Die wissen, wen sie eingekauft haben“
Drei katholische Politiker über christliche Werte und hartes Politikgeschäft

Text und Bild Gregor Elsbeck

Falls sie im Mai bei der Kommunalwahl alle gewählt werden, sitzen drei befreundete Stadtverordnete im Wuppertaler Rat, die sich zwar parteipolitisch unterscheiden, wegen ihrer katholischen Prägung aber eng miteinander verbunden sind. Wie sie ihre beiden gesellschaftlichen Engagements zusammenbringen, erzählen sie im Interview:

Sabine Schmidt (39), Vorsitzende des Katholikenrats, Mitglied der SPD-Ratsfraktion

Arno Hadasch (37), stellvertretender Vorsitzender des Katholikenrats, BDKJ-Stadtvorsitzender, CDU-Vorsitzender in Elberfeld

Marcel Simon (36), Beisitzer im Katholikenrat, sachkundiger Bürger der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen

Redaktion: Gibt es Konflikte zwischen Ihren christlichen Werten und der Politik? Oder können Sie beide Arbeitssparten verbinden?

Simon: Ich kann diese beiden Ämter gut voneinander trennen und mache nie eine Doppelvertretung. Natürlich gibt es immer mal Punkte, die ich als kirchlicher Mandatsträger anders sehe als in meiner politischen Arbeit. Da ist es wichtig, intern zu sagen, wo man steht und nach außen hin diese Meinung zu vertreten. Doch wie immer im Leben müssen Kompromisse geschlossen werden.

Schmidt: Ich habe nie das Gefühl gehabt, dass es ernsthafte Überschneidungen gab, und wenn, dann unterstreiche ich meine Meinung auf beiden Seiten. Die Partei hat mich in dem Wissen aufgestellt, dass ich die Vorsitzende des Katholikenrats bin. Die wissen: Ich bin engagiert und eingebunden in der Stadt. Die wissen, wen sie eingekauft haben und dann werden sie auch damit leben.

Redaktion: Gibt es Parteikollegen, die Ihre Arbeit für den Katholikenrat kritisieren?

Simon: Belächelt wird das nicht. Natürlich sind die Grünen eine Partei, die sich durchaus sehr kritisch mit der Amtskirche auseinandersetzt. Ich glaube aber, dass es etwa bei Themen wie Bewahrung der Schöpfung, Umwelt oder Sozialpolitik viele Überschneidungen zwischen der Kirche und den Parteien gibt. Oft sind beide Seiten letztlich Bündnispartner. Wenn es aber einen Punkt geben würde, bei dem ich aus christlicher Überzeugung nicht mit meiner Fraktion stimmen könnte, dann würde ich bei der Abstimmung rausgehen oder mich enthalten. Wenn ich mich zu sehr verbiegen müsste, würde ich wohl aufhören mit der Politik.

Schmidt: Ich glaube, der SPD ist es wichtig, dass ihre Amtsträger für die Menschen da sind. Sie versteht sich immer noch als die Partei des kleinen Mannes – und Solidarität ist ein christlicher Grundwert. Solch eine Mitarbeit in einer Partei ist außerdem ein fast unbezahltes Ehrenamt, und wenn man sich dafür zu sehr verbiegen muss, dann ist das zu teuer. Authentisch zu sein, ist immer ganz wichtig dabei.

Redaktion: Kann es sein, dass Ihnen das kirchliche Engagement im Zweifelsfall wichtiger ist als das politische?

Schmidt: Ja, das kann man schon so sagen, denn ich kann meine Taufe ja nicht ablegen. Deshalb ist mir das Katholischsein wesentlich mehr wert, denn es war zuerst da.

Simon: Ich weiß, wo ich herkomme und was meine Wurzeln sind, aber am Ende ist es ein Abwägungen zwischen Beidem.

Redaktion: Herr Hadasch, die CDU wird heutzutage gerne dafür kritisiert, längst nicht mehr so christlich geprägt zu sein wie früher. Teilen Sie diese Ansicht?

Hadasch: Das christliche Menschenbild ist nach wie vor Grundlage unseres Programms, was aber nicht heißt, dass es deshalb keine Konflikte gibt. Natürlich haben wir viele Mitglieder, die sich christlich einsetzen, und nach wie vor ist die katholische Soziallehre die Grundlage unseres sozialpolitischen Handelns. Wir verstehen das in einer immer pluralistischer werdenden Gesellschaft auch nicht als Ausgrenzung. Alle Menschen, die dieses Wertefundament anerkennen, sind herzlich willkommen bei uns, auch wenn sie anderen Religionen angehören.

Redaktion: Welche christlichen Werte sind denn konkret in die Politik einzubringen – hier in Wuppertal, aber auch generell?

Schmidt: Bei der Erweiterung der City-Arkaden etwa müssen wir überlegen, wie eine christlich geprägte Stadt aussehen soll. Kann es sein, dass wir sofort in den nächsten Konsumtempel fallen, wenn wir den Döppersberg ’runtergehen? Oder beim Thema Forensik: Es geht um Patienten, die auch in unsere Gesellschaft gehören und nicht sofort von unseren Gemeinden abgelehnt werden sollten.

Simon: Wir sollten generell auf die schauen, die am Rand stehen. In Wuppertal gibt es nun mal einige Menschen, denen es nicht so gut geht. Wir haben viele Arbeitslose und Menschen ohne Obdach. Da gilt es, wertschätzend zu überlegen: Wie kann deren Lebenssituation verändert werden? Ich glaube, dass mir meine christliche Haltung dabei hilft.

Hadasch: Die christliche Haltung sollte in alle Lebensbereiche Einzug halten, angefangen vom Schutz des ungeborenen Lebens, bis zur Diskussion um die Sterbehilfe. Da uns die Familie besonders am Herzen liegt, ist die Situation der Kindertagesstätten ein wichtiges Thema. Wir brauchen genügend Betreuungsplätze und die Trägervielfalt muss erhalten bleiben, denn Kinder bekommen in kirchlichen Kitas nochmal andere Werte vermittelt als in den städtischen.

Redaktion: Wie gehen Sie drei als Christen im politischen Streit miteinander um?

Simon: Herr Hadasch und ich fahren sogar zusammen in den Urlaub. Das klappt also durchaus. Aber Spaß beiseite: Wenn wir in der Sache verschiedene Meinungen haben, können wir die untereinander gut akzeptieren. Das hat uns auf persönlicher Ebene nie auseinanderdividiert.

Schmidt: Wenn es um Politik geht, gibt es durchaus Augenblicke, wo wir uns streiten wie die Kesselflicker. Aber wir können uns im persönlichen Bereich schon sagen, wenn jemand über die Stränge schlägt. Und wir wissen, dass wir es uns als Freunde sagen.

Hadasch: Wir können den politischen Diskurs gut von der Freundschaft trennen. Und unser Engagement in der Kirche verbindet uns immer wieder. Das steht für uns höher als einzelne Fragen in der Tagespolitik.

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