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Zurück in die Zukunft

Die bange Frage: Wer wird neuer Papst? Die wohl gehaltvolleren Fragen: Woher kommt der Neue? Und welche kulturellen und spirituellen Einflüsse bringt er mit? Wird er fortsetzen, was längst begonnen ist?


Begrüßung auf Spanisch und in zwei indigenen Sprachen – „Willkommen Papst Franziskus“

Text und Bilder Øle Schmidt, San Cristóbal de Las Casas, Mexiko

Der Blick ist gen Rom gerichtet, wieder einmal, und immer noch. Die Welt rätselt, was die zum Konklave im Globalen Norden angereisten Kardinäle wohl im Schilde führen, oder genauer: Wen sie auf den Schild heben wollen? Wird die Wahl desjenigen, dem sie die Geschicke der kriselnden Weltkirche anvertrauen, den globalen kirchlichen Kräfteverhältnissen Rechnung tragen? Ist der Aufbruch der Kirche nach der Wahl von Franziskus, dem ersten Papst aus Lateinamerika, unumkehrbar? Dessen Bilanz fällt durchwachsen aus, ist von Widersprüchen geprägt.

Große Armut und rasende Gewalt – gleichzeitig tiefer Glaube und Hoffnung

Doch für Lateinamerika, ja für den Globalen Süden insgesamt, war der argentinische Papst ein Glücksfall, und auch die Weltkirche schien mit ihm an der Spitze vitaler, lebendiger, im besten Sinne streitbarer. Franziskus Blickrichtung nach Rom rückte die Menschen und ihr Leben auf dem katholischen Kontinent in den Fokus. Die große Armut, die marktradikale Ungleichheit, die rasende Gewalt – und gleichzeitig tiefer Glaube, Lebendigkeit und Hoffnung.

Papst Franziskus hat neue Kardinäle aus dem Globalen Süden berufen, und so die himmelschreiende Dominanz der Europäer verringert, doch von Augenhöhe kann noch lange keine Rede sein. Europas etwa 285 Millionen Katholiken werden bei diesem Konklave von 52 stimmberechtigten Kardinälen vertreten. Dem gegenüber stehen 27 Kardinäle für die mehr als 500 Millionen Katholiken in Lateinamerika. Im Verhältnis nur ein Viertel der europäischen Kardinäle.

Wir haben das Pontifikat von Franziskus begleitet, kritisch und begeistert. Ich bin »Unser Mann in Lateinamerika«, jemand, der in Wuppertal und in Mexiko zuhause ist. Zum Konklave wagen wir einen Blick zurück; in hoffentlich weiser Voraussicht. Aus dem Globalen Süden – und nicht über ihn.

»Die Geschichte ist eine Prophetin«

So hat alles angefangen: 100 Tage nach seiner Wahl zum Papst haben wir uns im südmexikanischen San Cristóbal de Las Casas umgehört, wie die Menschen über Franziskus denken, der sich als Kirchenrebell gibt. Marvilena lädt uns in ihre kleine Tienda ein, in ihr Ladenlokal. »Der neue Papst sollte den Armen helfen, aber auch den spirituell Armen. Ich möchte, dass Frauen eines Tages Priesterinnen werden können«, sagt sie lächelnd. Nachzuhören hier: »Die Geschichte ist eine Prophetin«

»Marías Pakt mit San Judas Tadeo«

Wir waren in Mexiko-Stadt, wo sich jeden Monat am achtundzwanzigsten Tag Tausende vor der Kirche San Hipólito versammeln. Es sieht mehr nach einem Rockkonzert aus, als nach einer religiösen Prozession. Die 21-jährige Maria ist immer dabei. Geehrt wird San Judas Tadeo. Nein, nicht der Judas, der Jesus verraten hat, der andere Apostel, der ihm bis in den Tod die Treue gehalten hat. In der mexikanischen Hauptstadt ist San Judas seit einigen Jahren eine Art religiöser Kurt Cobain; der Erlöser für die Kleindealer und Gelegenheitshuren, für die Tagelöhner und Obdachlosen. Für all die Vergessenen an der Peripherie, die Papst Franziskus gerne wieder im Schoß der Kirche sähe. Nachzuhören hier: »Marías Pakt mit San Judas Tadeo«

»Ein historischer Moment und sein verdrängter Schatten«

Mehr als 500 Jahre nach der Conquista hat Papst Franziskus das indigene Mexiko besucht – ausgerechnet in San Cristóbal de Las Casas. Wir waren bei der Messe dabei. Es war ein starkes Zeichen des Symbolpolitikers Franziskus: Bei seinem Besuch in Mexiko, dem Land mit der zweitgrößten katholischen Bevölkerung, machte der Papst Station in San Cristóbal de Las Casas. So weit, so normal im katholischen Tourneeplan, könnte man meinen. Doch San Cristóbal liegt in Chiapas, dem armen Süden von Mexiko, dem indigenen Mexiko der Ureinwohner. Und das Zweite bedingt das Erste. In Chiapas gilt auch mehr als 500 Jahre nach der Conquista, der grausamen Eroberung Lateinamerikas durch Kolumbus, Cortez und Pizarro: je weniger hell die Haut eines Menschen, desto weniger Teilhabe und Würde hat er zu erwarten, vom Geld ganz zu schweigen. Eine Tragödie für die dunkelhäutigen Indigenas. Damals wie heute. Nachzulesen hier: »Ein historischer Moment und sein verdrängter Schatten«

»Bruder Sturm«


Wird er sein Ziel erreichen, lebendig?

Fray Tomás riskiert viel als Leiter einer Migrantenherberge in Mexiko. Die einen sagen, der Franziskaner ist ein mutiger Mann. Andere finden, er ist schlicht lebensmüde. Im Bundesstaat Tabasco haben wir Fray Tomás besucht, der den Ansatz des Papstes schätzt: Eine arme, demütige Kirche für die Armen. Franziskus wiederum hätte Fray Tomás für seinen selbstlosen Einsatz für die Migranten verehrt, die auf ihrem Weg ins gelobte Land USA den Tod immer im Gepäck haben. Nachzulesen hier: »Bruder Sturm«

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