Ausgabe 9, Juli 2013

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Wuppertal als Vorbild
Antikorruptionsstelle der Stadt ist einzigartig


In Sachen Korruptionsbekämpfung kehrt man in Wuppertal mit den richtigen Besen. Ein Beispiel für andere Städte und Kommunen.

Text Eduard Urssu
Bild Christoph Schönbach

Spätestens seit dem großen Wuppertaler Bauskandal im Jahr 1996 reagiert die Verwaltung der Stadt sehr sensibel auf Vorwürfe von Korruption, Veruntreuung und Amtsmissbrauch. Mehr als 100 Bedienstete der Stadtverwaltung standen damals unter Verdacht. Etwa die Hälfte der Mitarbeiter, gegen die dann ermittelt wurde, musste sich nach Abschluss der langjährigen Untersuchungen aus dem Dienst verabschieden.

Am Anfang war es eine Task Force, eine schnell zusammengestellte Sondereinheit, die Ende der Neunzigerjahre die zahlreichen Anschuldigungen gegen Beamte und Angestellte untersuchte. Doch schon bevor der größte Skandal der Wuppertaler Verwaltungsgeschichte juristisch aufgearbeitet war, erkannte die Stadtführung, dass eine ständige Abteilung zur Bekämpfung von interner Korruption her musste.

Einzigartig im Land

Seit dem Jahr 2000 gibt es deswegen die Antikorruptionsstelle der Stadt Wuppertal. Fünf Mitarbeiter sind für die knapp 5.000 städtischen Bediensteten und Amtsträger zuständig. Sie untersuchen 60 bis 70 Fälle pro Jahr. Das können kleine Vergehen sein,  etwa die Annahme von VIP-Karten für ein Fußballspiel, aber auch schwere Delikte wie Korruption und Amtsmissbrauch. Die Antikorruptionsstelle ist einzigartig in der Republik. „Wir übernehmen mit der Abteilung eine Vorbildfunktion in Deutschland“, sagt Oberbürgermeister Peter Jung. Und auch der Leiter der Abteilung, Franz Heilmann, ist überzeugt,  „als freiwillige Einrichtung einer Kommune sucht die Antikorruptionsstelle in Wuppertal ihresgleichen. Zwar gibt es auch andernorts vereinzelt Antikorruptionsbeauftragte, aber nicht in dem Umfang wie bei uns.“

Allen Hinweisen nachgehen

In Absprache mit anderen Kommunen, entwickelt die Wuppertaler Antikorruptionsstelle verschiedene Prüfansätze. Dazu gehört auch die wirkungsvolle Kontrolle von Tankkarten und Fahrtenbüchern. Doch etwa die Hälfte der Informationen über mögliche Vergehen im Dienst kommt aus der Bevölkerung. „Jedes Jahr erhalten wir 30 bis 40 Hinweise, meist anonym“, sagt Franz Heilmann. Dem langjährigen Verwaltungsprofi ist wichtig, dass in diesem Zusammenhang nicht von Denunziantentum gesprochen wird. Die Mitarbeiter der Antikorruptionsstelle nehmen jeden Hinweis ernst und überprüfen ihn – auch dann, wenn es um einen Wert von wenigen Euro geht. „Wir gehen dabei mit viel Fingerspitzengefühl vor, und in einigen Fällen muss man einfach mal die Kirche im Dorf lassen“, findet Franz Heilmann.

Laufende Ermittlungen

Während der Recherche zu diesem Artikel wurden dieser Redaktion Informationen über zwei Fälle möglichen Amtsmissbrauchs zugespielt. Ein ranghoher Beamter der Berufsfeuerwehr Wuppertal soll einen Löschzug zu sich nach Hause bestellt haben, um in seinem Garten Sturmschäden zu entfernen. Dass die Feuerwehrleute dafür das Wuppertaler Stadtgebiet verlassen mussten, soll ihn dabei genauso wenig interessiert haben, wie die Tatsache, dass die Beamten in dieser Zeit nur bedingt einsatzfähig für Notfälle in Wuppertal waren. 

Dieselbe Person soll darüber hinaus Ausschreibungsregeln umgangen haben, um einem befreundeten Arzt die Leitung lukrativer Fortbildungen in der Feuerwehr zu beschaffen. Franz Heilmann kennt diese Anschuldigungen.

Keine Vorverurteilung

„Doch wir von der Antikorruptionsstelle werden keine Aussagen zu laufenden Ermittlungen machen, um eine Vorverurteilung in der Öffentlichkeit zu vermeiden“, sagt der Abteilungsleiter. „Allerdings“, so Heilmann weiter, „sind die Fälle, die schon juristisch geahndet wurden, für jeden einsehbar.“ Ein Blick auf die Veröffentlichungen der zuständigen Gerichte belege dies. Manchmal wird die Öffentlichkeit auch von Anfang an einbezogen, etwa beim Fall „Onkel Mehmet“ aus dem Jahr 2007. „Es handelte sich dabei um besonders schweres Vergehen, die uns mehr als zwei Jahre beschäftigten“, erinnert sich Franz Heilmann.

Gute Zusammenarbeit

Mehmet-Hanifi T. soll dem damaligen Abteilungsleiter des Amtes für Zuwanderung und Integration, Michael W., rund 30.000 Euro gezahlt haben – für gefälschte Meldebescheinigungen und individuelle Amtshilfen. „Wir haben damals mit der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft eng zusammengearbeitet. Das ging bis zur Überwachung von Personen und Objekten und dem Einsatz von verdeckten Ermittlern“, sagt Franz Heilmann. Aber nicht die spektakulären Fälle machen das Alltagsgeschäft der Antikorruptionsstelle aus. Alle aufgeklärten Vorwürfe zeigen, wie wichtig die Stelle ist. In der Öffentlichkeit entstehe manchmal ein schiefes Bild, sagt Franz Heilmann: „Wenn wir besonders erfolgreich sind, dann erweckt es den Eindruck, als ob es in Wuppertal besonders schlimm ist.“ Dabei sei eher das Gegenteil der Fall. Weil Wuppertal auf eine eigene Antikorruptionsstelle zurückgreifen kann, gäbe es wohl weniger Fälle von Korruption und Amtsmissbrauch, als zum Beispiel in den rheinischen Nachbarstädten.

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