Ausgabe 19, April 2018

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Auf immer und ewig
Über Tattoos und die Faszination von christlichen Symbolen


Dieses Tattoo gehört einem syrischen Christen. Es ist weniger Körperschmuck als vielmehr eine Glaubensbekundung.
Foto: Christoph Schönbach

Interview Jörg Degenkolb-Değerli

Die einen tragen ein Kreuz an der Kette, die anderen haben eine Marienfigur im Schrank, wieder andere fahren mit Fisch auf dem Auto. Christliche Symbole begegnen uns häufig; es gibt sie von edel bis kitschig. Und es gibt sie als Bilder auf der Haut, als Tätowierungen – für all jene, die nichts ablegen oder wegstellen, sondern etwas wirklich verewigt haben wollen. logisch! hat den Wuppertaler Tätowierer Ditch gefragt, was es mit christlichen Symbolen als Tätowierungen auf sich hat.

Redaktion: Welche christlichen Symbole werden oft gestochen, gibt es da Klassiker?

Ditch: Klassiker sind schon immer Maria sowie Jesus am Kreuz oder das Jesus-Portrait gewesen. Mit der Zeit haben auch der Rosenkranz, Engel und andere christliche Symbole Einzug in die Vorlagenbücher der Tätowierer gehalten. Die Palette reicht von realistisch angefertigten Arbeiten in Schwarz und Grau oder in Bunt, bis hin zu rudimentären, nur aus Linien bestehenden koptischen Symbolen.

Redaktion: Interessiert es dich als Tätowierer, warum sich jemand ein bestimmtes Symbol tätowieren lässt; fragst du, was dahintersteckt?

Ditch: Ehrlich gesagt, interessiert es mich weniger, was die Intention des Kunden hinter seinem gewünschten Motiv ist. Einige Motive sprechen durch ihre Bildsprache für sich. Ich finde, dass ein Tattoo etwas sehr Persönliches ist. Für mich sind meine eigenen Hautbilder wie ein Tagebucheintrag. Wenn mich jemand nach ihren Bedeutungen fragt, antworte ich meist mit der Gegenfrage: „Bist du jemand, der anderer Leut’ Tagebücher liest?!“ Dementsprechend frage ich bei den Kunden auch nicht nach. Wenn er von selbst erzählt, warum er sich dieses oder jenes Motiv wünscht, ist das eine andere Sache.

Redaktion: Gibt es in der langen Geschichte des Tätowierens eine Art Deutung, was mit welchen Symbolen gemeint ist?

Ditch: Symbole, egal welcher Herkunft, ob christlichen, buddhistischen oder vielleicht sogar satanischen Ursprungs, haben seit jeher eine feste Bedeutung. Dadurch, dass sie in die Haut eingraviert werden, anstatt zum Beispiel mit dem Pinsel auf eine Leinwand gemalt, verändert sich ihre Bedeutung nicht. Das Kreuz etwa an dem Jesus starb, steht für das Leiden Jesu im christlichen Kontext. Viele Menschen denken bei einem Kreuz sofort an den Tod. Die beiden Linien repräsentieren aber auch die Verbindung des Göttlichen mit dem Menschlichen. Dies wird oftmals vergessen.

Redaktion: Du selber hast ein Engel-Tattoo. Dürfen wir in deinem Tagebuch lesen: Verrätst du uns, warum?

Ditch: Mein Engel-Tattoo trage ich jetzt seit 18 Jahren auf meinem Bein. Es ist ein sehr persönliches Tattoo, weshalb ich den genauen Grund hier nicht nennen möchte. Was ich aber sagen kann, ist, dass es im weitesten Sinne eine Bitte an eine höhere Macht darstellt, an meinen Schutzengel.

Redaktion: Warum sind viele deiner Kunden fasziniert von Symbolen?

Ditch: Eine Tätowierung kann, wenn sie richtig platziert und umgesetzt ist, dem Träger Kraft verleihen. Wenn es sich dann auch noch um ein starkes Symbol handelt, ist es umso intensiver in seiner Wirkung, für den Betrachter wie für den Träger selbst. Christliche Symbole funktionieren tätowiert genau wie christliche Ikonen. Ihr Zweck besteht darin, im Betrachter Ehrfurcht zu erwecken, um eine existenzielle Verbindung zwischen ihm und dem Dargestellten herzustellen – in den meisten Fällen zwischen dem Menschen und Gott. Ich denke, dass dies eine Faszination auf gewisse Persönlichkeiten ausübt.


Rosenkranz und betende Hände, ein beliebtes Motiv. Foto: Dieter Jonuzi

Redaktion: Gibt es eigentlich neben Nazi-Symbolen noch andere, von denen man besser die Finger lässt?

Ditch: Ich denke, dass extreme Symbole, egal welcher Couleur, kein geeignetes Tattoo-Motiv sind. Solche Tätowierungen biete ich auch nicht an. Tätowieren hat nichts mit Politik zu tun, und umgekehrt. Des Weiteren ist jedes Symbol, über das der künftige Träger nicht hundertprozentig Bescheid weiß, ein Symbol, von dem er die Finger lassen sollte. Ich fühle den Leuten im Vorfeld auf den Zahn, ob sie wirklich wissen, was ihr gewünschtes Symbol bedeutet. Wenn sie unsicher sind, oder gar mit Unwissenheit glänzen, wird nicht tätowiert. Ganz einfach.

Redaktion: Du bist schon länger im Geschäft und kennst die Trends von Tattoo-Motiven. Gehören christliche Symbole zum Standard?

Ditch: Ich tätowiere jetzt seit neun Jahren und, wie erwähnt, sind die Klassiker Marienstatuen und Christus selbst. Ob leidend mit Dornenkrone oder mit gütigem Lächeln. Jeder Kunde hat eigene Vorstellungen, wie er seine religiösen Ansichten seiner Umwelt mitteilen möchte. Rosenkränze oder auch Albrecht Dürers „Betende Hände“, sind als Tattoo-Motiv jedenfalls nicht mehr wegzudenken.

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