Die Heilige Messe folgt einem anderen Ritus und wird in arabischer Sprache gehalten,
ein wichtiger Umstand für die Gläubigen.
Text Jörg Degenkolb-Değerli
Fotos Christoph Schönbach
Vor eineinhalb Jahren ging es groß durch die regionalen Medien: Eine gerade gegründete arabisch-christliche Gemeinde belebt die Kirche St. Petrus in Wuppertal-Laaken neu – drei Jahre lang wurde hier zuvor kein Gottesdienst mehr abgehalten. Seit dem Herbst 2016 gibt es dort nun einmal im Monat wieder einen Gottesdienst, zu dem zahlreiche arabische Christen von Nah und Fern anreisen – ebenso der Priester Abouna Mayas Aboud. Im Anschluss an die Gottesdienste sitzt man noch bis in den späten Nachmittag zusammen, tauscht sich aus, lernt sich kennen, genießt die Gemeinschaft. Mit auf den Weg gebracht hat die Gemeindegründung die Alltags- und Integrationshelferin Hilin Prick, die Erste Hilfe für Geflüchtete leistet und entsprechenden Bedarf früh erkannte. „Im Zuge der Gründung wurde St. Petrus zunächst mal für drei Jahre ‚reserviert’“, erzählt sie „und es kamen auch sehr bald sehr viele Menschen.“ Die arabisch-christliche Gemeinde wuchs ansehnlich an; zwischen 50 und 150 geflüchtete Christen aus Syrien, aus Israel, aus dem Irak und Iran füllten in den ersten Monaten die Kirche in Laaken.
Seit gut neun Monaten geht auch der Syrer Melad Bashi mit seiner Familie in die Gottesdienste. „Ich habe damals auf der Straße von der Gemeinde erfahren“, erinnert er sich. Das Gespräch auf einer Straße im Wuppertaler Osten war für ihn der Impuls sich weiter zu informieren und schließlich nach Laaken aufzubrechen, um an dem sonntäglichen Geschehen erstmals teilzunehmen. „Jetzt ist es auch eine Art Heimat geworden“, erzählt er, der Ende Juli Vater einer Tochter geworden ist. „Wir haben natürlich etwas gewartet, bis wir die Kleine mit zum Gottesdienst genommen haben“, lacht der stolze Vater, „ aber mittlerweile ist der erste Sonntag im Monat ganz schön für uns alle.“ Das könnte auch daran liegen, dass sich die Zeremonie bei den arabischen Christen doch etwas von der konventionellen abhebt. Die Gläubigen knien hier zum Beispiel am Altar nieder und Erwachsene wie auch Kinder prozessieren mit Kerzen durch die Kirche. Dazu kommt eben auch das anschließende Miteinander. „Hier lernt man neue Menschen kennen“, betont Melad Bashi und ergänzt: „Manchmal findet man auch neue Freunde.“ Und dann ist da vermutlich immer auch die Hoffnung, dass man mal zufällig etwas mitbekommt, was einem nützen könnte – vorrangig geht es da natürlich um Arbeit und Wohnen. „Ich bin gelernter Friseur“, erzählt der Syrer, „habe auch in Wuppertal hier und da als Friseur gearbeitet – aber das ist dermaßen schlecht bezahlt, dass ich unbedingt was anderes machen will, als Vollzeitjob.“ Würde er sich als Friseur selbständig machen wollen, reichte der Besuch einer Meisterschule nicht; Herr Bashi müsste bei Null anfangen, da er keine Papiere nachweisen kann. „Als ich 2012 geflüchtet bin, habe ich mich nicht getraut Papiere mitzunehmen.“ So wenig Identität wie möglich, lautete das Motto. In Deutschland eine sehr schwierige Angelegenheit. „Im Grunde bin ich Handwerker“, sagt der Geflüchtete, dessen Flucht ihn von Syrien über die Türkei über Griechenland nach Halberstadt in Sachsen-Anhalt führte. Vor gut zweieinhalb Jahren zog er dann nach Wuppertal, um seiner Mutter und seinem Bruder in den Niederlanden näher zu sein; vor knapp zwei Jahren kam dann seine Frau endlich nach. „Jetzt sind wir eine kleine Familie und ich will für uns sorgen. Ich will weg von fremder Hilfe und ALG.“ Deshalb hofft er nun auf eine Stelle als Hausmeister oder ähnliches: „Ich würde auch als Produktionshelfer arbeiten. Hauptsache Vollzeit.“ Neben der Familie sind die Gottesdienste in St. Petrus etwas, das Maled Bashi Kraft und Halt gibt.
Zwei Ikonen wurden speziell für die Kirche erstellt, sie sind Teil des Ritus.
„Ich hatte nach einigen Monaten so ein bisschen die Befürchtung, dass die Leute nach und nach wegbleiben würden“, erzählt Hilin Prick im November 2017 mit Blick auf die zurückliegende Entwicklung der arabisch-christlichen Gemeinde. „Vielleicht waren manche nicht mehr so stark angewiesen auf die Gemeinde, nachdem man ihnen geholfen hatte. Aber das fand ich nicht in Ordnung.“ Als im September nur noch 25 Mitglieder am Gottesdienst teilnehmen, richtet sie klare Worte an die Gemeinde: „Ich habe dann wirklich gefragt ‚Wollt Ihr nicht mehr?’ Dann müssen wir solch einen Aufwand gar nicht mehr betreiben!“ Das hat anscheinend viele wachgerüttelt. „Klar wollen wir!“, hieß es einhellig – und in den Folgemonaten kamen wieder 70 Menschen nach Laaken. „Das ist sehr gut“, resümiert Hilin Prick. „Einige neue Gesichter sind auch dabei. Neue Familien und ganz kleiner Nachwuchs.“