Ausgabe 17, Juni 2016

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Anders – Besonders – Wuppertal!
Die Hilfsbereitschaft für Flüchtlingen ist noch immer groß in Wuppertal – es gehen sogar neue Initiativen an den Start

Text MAXIMILIAN EUTENEUER

„Deutschland braucht mehr Wuppertal“, schrieb „Die Zeit“ im Oktober vergangenen Jahres. Bundesweit lobten Politik und Medien die vorbildliche Unterbringung und Versorgung der fast 7000 geflüchteten Menschen in der Stadt. Mit der Ankunft immer neuer Flüchtlinge gründeten sich in vielen Stadtteilen bürgerschaftliche Initiativen. Auch Wohlfahrtsverbände, Kirchengemeinden und nicht zuletzt Migranten- und Moscheevereine nahmen schnell den Hilfsbedarf der neuen Nachbarn in den Blick. Hunderte ehrenamtliche Helfer spendeten und verteilten Kleider und Möbel, gaben Deutschunterricht und begleiteten Flüchtlinge im Alltag. Wie steht es heute, ein halbes Jahr später, um die Hilfsbereitschaft der Wuppertaler für Flüchtlingen?

Lana Horsthemke ist eher zufällig zu ihrem ehrenamtlichen Engagement gekommen. Über den Kinderschutzbund lernte sie im vergangenen Jahr eine nigerianische Familie kennen. Erst gab sie dem Sohn Nachhilfe, dann fragte die Mutter, die nur wenig deutsch spricht, ob Lana ihr die Schreiben der Ausländerbehörde übersetzen könne. Nach einer Zeit begleitete sie die Mutter auch direkt mit zu den Terminen in der Behörde. „Es ist dann schnell eine sehr persönliche, freundschaftliche Beziehung zu der Familie gewachsen“, sagt die Studentin und ergänzt: „Aus dieser Erfahrung heraus ist die Idee entstanden, solche Kontakte nicht dem Zufall zu überlassen.“

Hand in Hand

Deswegen gründet Lana derzeit mit Freunden den Verein „Hand in Hand – Kontaktpersonen für Geflüchtete“, der Patenschaften zwischen Flüchtlingen und Wuppertalern vermitteln will. „Begleitung zu Behörden, Konzertbesuche oder einfach mal einen Kaffee trinken gehen – alles ist möglich“, sagt Lana Horsthemke. In Vorträgen soll den Paten das nötige juristische und pädagogische Fachwissen vermittelt werden. Eigentlich könnte es losgehen, bis zu zehn Paten sind startklar. Nur das Eintragungsverfahren für den Verein zieht sich in die Länge. Satzung und Anträge mussten notariell beglaubigt und genehmigt werden, ein letzter Antrag liegt noch beim Amtsgericht. „Wenn man bedenkt, dass wir das Verfahren im Oktober 2015 begonnen haben“, sagt Lana Horsthemke, „dann ist der bürokratische Prozess schon eine enorme Hürde.“

Bei der Konzeption wurden die Vereinsgründer von „Hand in Hand“ durch Theresa Abou-Samra aus dem Ressort Zuwanderung und Migration unterstützt. Sie hatte angeregt, die Patenschaften über die städtischen Sozialarbeiter zu vermitteln, da der Zugang zu den Flüchtlingen nicht immer einfach ist. Laut Theresa Abou-Samra leisten die Ehrenamtlichen einen großen Beitrag zur Integration, der die städtische Sozialarbeit entscheidend unterstützen kann „Mit den Deutschen in Kontakt zu kommen, hat für viele Flüchtlinge Priorität und schafft gesellschaftliche Akzeptanz“, sagt sie.

Seit Mitte des vergangenen Jahres koordiniert Theresa Abou-Samra die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe in Wuppertal. Sie betont, wie wichtig ein enger Austausch zwischen Stadt und Ehrenamt ist: „Wir können helfen, die Initiativen weiter zu vernetzen, Angebote bekanntzumachen und auch mal finanzielle Unterstützung leisten.“ Für eine bessere Koordinierung brachte die erste Wuppertaler Flüchtlingskonferenz im Januar alle ehrenamtlichen Initiativen an einen Tisch mit den städtischen Migrationsdiensten.

Mit dabei war auch Horst Andresen. Der stellvertretende Vorsitzende der „Flüchtlingshilfe Wuppertal-West“ erzählt, dass sich in der Vohwinkler Initiative erst im März eine Gruppe von Kunststudenten gebildet habe, die jetzt einmal in der Woche kreativ mit Flüchtlingen arbeiten wolle. „Wir haben immer noch regen Zulauf“, stellt Andresen fest. Insgesamt 86 Mitglieder und etwa ebenso viele freie Helfer sind in der „Flüchtlingshilfe Wuppertal-West“ aktiv. Auch der Rückhalt in der Bevölkerung sei – trotz der Ereignisse zu Silvester in Köln – sehr groß. „Wir befinden uns ganz klar in der Mitte der Gesellschaft und nicht am Rand“, betont Horst Andresen.

Menschen helfen

Das Engagement der Wuppertaler endet aber nicht an der Stadtgrenze – Anfang April war die Initiative „Cars of Hope“ zum wiederholten Mal im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze, um Hilfsgüter zu liefern. Doch die Fahrten zu dem Brennpunkt der Balkanroute sind nur ein Teil der Vereinsarbeit. „Die Organisation ist sehr umfangreich“, sagt René Schuijlenburg, ein Gründungsmitglied der Initiative. Es gehe darum, den konkreten Bedarf an Sachspenden zu ermitteln und entsprechend einzukaufen.

Was aber treibt all die Engagierten an? Hört man sich unter den freiwilligen Helfer um, steht oft eine pragmatische Motivation im Vordergrund, die Horst Andresen auf den Punkt bringt: „Wenn wir den Menschen helfen können, warum sollten wir das nicht tun?“

Information

Die Internetseite des Projekts „Hand in Hand“ soll in Kürze online gehen: www.handinhand-kontaktperson.de

Informationen zu den Angeboten der „Flüchtlingshilfe Wuppertal-West“ finden Sie unter www.fluechtlingshilfe-wuppertal-west.de

Informationen über die Arbeit von „Cars of Hope“ gibt unter www.cars-of-hope.org

 Einen PDF zur Flüchtlingshilfe in Wuppertal finden Sie hier.

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