Ausgabe 14, April 2015

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Kirche am Platz
Mit dem „Berliner Plätzchen“ geht die Pfarrgemeinde St. Johann Baptist neue Wege

Das Ladenlokal dürfte noch vielen als „Alte Apotheke“ bekannt sein.

Text Sebastian A. Schulz
Bild Pfr. Ulrich Lemke

Ein verhältnismäßig kleiner Anteil von Menschen wird noch von den Gemeinden erreicht. In Wuppertal-Oberbarmen führt bei der Suche nach Gründen kein Weg um den Berliner Platz herum. Verantwortliche der katholischen Gemeinde St. Johann Baptist planen unter der Leitung von Pfarrer Ulrich Lemke neue Wege, um diese Menschen zu erreichen.

Man steht vor einem leeren Ecklokal mit weiten Fenstern und viel Einsicht. Direkt gegenüber erhebt sich die Endstation des Wuppertaler Wahrzeichens – der Schwebebahn – sowie der Bahnhof Oberbarmen. Der Berliner Platz ist der Verkehrs- und Knotenpunkt in Oberbarmen. Alteingessesene kennen diesen Ort als „Alte Apotheke“. Nun soll dieses leere Lokal Standort für ein neues Konzept der katholische Gemeinde St. Johann-Baptist werden. Mit dem Namen „Berliner Plätzchen“ versuchen hauptamtliche Seelsorger und freiwillige Helfer einen Ort zur Kontaktaufnahme zu erschaffen. Gemeindereferentin Sophie Bunse fasst es zunächst zusammen als eine „Anlaufstelle ohne Barriere“.
Das Konzept befindet sich nach wie vor in der Entwicklung. Wie die Gemeindereferentin angibt, handele es sich bei dem Berliner Plätzchen nicht etwa um eine Konkurrenz für nahe gelegene Cafés. Vielmehr soll den Menschen am Berliner Platz ein Ort geboten werden, sich mit Fragen oder Anliegen an die Mitarbeiter im Berliner Plätzchen zu wenden. Den Verantwortlichen ist es jedoch wichtig, noch einen Schritt weiter zu gehen. Denn ein derartiges Büroangebot, als eine von mehreren Säulen, würde sich kaum von einem bisherigen Pfarrbüro unterscheiden. Priorität sei hingegen, diejenigen 85-90 Prozent der Menschen zu erreichen, die nicht durch die Kirche erreicht werden oder diese nicht besuchen. Mit diesem Anliegen, das auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki in den Mittelpunkt seines Fastenhirtenbriefes gestellt hat, war auch die Wahl des Ortes für das künftige „Berliner Plätzchen“ verbunden, die Hinwendung zum Berliner Platz als zentralem Ort der Kommunikation des Stadtteils. Die Ideen gehen dabei auch zu einem kulturellen Angebot, das das im „Berliner Plätzchen“ angeboten wird. Neben Angeboten der Seelsorge soll hier auch ein Ort für Kunst, Musik und Interessierte sein. Außerdem kann sich derjenige angesprochen fühlen, der einfach mal einen heißen Kaffee oder eine Stunde im Warmen braucht. Bei der Fülle der Ideen ist ein eindeutiges Konzept nicht einfach zu erschließen, aber wie Sophie Bunse es ausdrückt, kann es erst einmal nur darum gehen, „einfach mal loszulegen“ und „die Nähe zum Menschen“ wieder herzustellen. Die Kirche präsent machen und dabei auch soziale Angebote in Kooperation beispielsweise mit dem Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) aufzunehmen ist bei allen Überlegungen vorrangig. Die Aussage, einen „kirchlichen Leuchtturm zu bilden“, fällt besonders ins Gewicht.
Dennoch wird auf Anfrage klar, dass nicht nur eine große Menge an Ideen mit einfließen, sondern auch große Unterstützung. Neben der Gemeinde und der Katholischen Citykirche Wuppertal zeigt auch der Weihbischof des Kölner Pastoralbezirkes Nord Dr. Dominikus Schwaderlapp Interesse für diese neue Idee.
Auf die Frage nach der Motivation, ein derartiges Vorhaben umzusetzen, fallen die Antworten vielfältig aus. Man wolle wieder den Kontakt zu den Menschen suchen und hören, was die Leute zu sagen haben, ist das leitende Argument. Inzwischen erscheint das „Berliner Plätzchen“ als Reaktion der Kirche auf aktuelle Entwicklungen des 21. Jahrhunderts. „Was denken die Menschen am Berliner Platz?“ ist die Leitfrage. Es erscheint nicht zuletzt als eine Möglichkeit, die Ohren der Kirche horizontaler in der Gesellschaft zu öffnen. Dass dies eine Form von nötiger Lobbyarbeit der Kirche ist, bestätigt Gemeindereferentin Sophie Bunse, ohne darin etwas Negatives zu sehen. Viel mehr sei es sogar von großem Nutzen für die Gemeinde und Menschen, welche sich vielleicht mit ihren Fragen alleine gelassen fühlen. Somit entsteht ein Anlaufpunkt, der am Weg der Menschen liegt. Die Menschen müssen hier nicht kommen; die Kirche geht zu den Menschen. Anders als in den Pfarrbüros begegnet die Kirche gewissermaßen unmittelbar der Laufkundschaft an einem zentralen Ort in Oberbarmen. In Zeiten, in denen pastorale Räume immer größer werden und der Kontakt zur Bevölkerung sich verringert, sei es unablässig dem entgegen zu wirken, so Sophie Bunse.
In Zahlen kann man an dieser Stelle von rund 12.000 Katholiken im Einflussbereich der ansässigen Gemeinden sprechen. Wenn 85-90 Prozent dieser Leute nicht oder nur wenig erreicht werden, dann lässt das die Dimensionen unerschlossener Bereiche erahnen. Das „Berliner Plätzchen“ ist deswegen als erweiterte Methode zu verstehen, diese Bereiche zu erkennen und zu erschließen.
In Zukunft soll sich ein Team von bis zu zwanzig Personen um die Fragen und Themen der Menschen am Berliner Platz kümmern, stets mit dem Gedanken, die Kirche an diesem Verkehrsknotenpunkt präsenter zu machen. Bereits vor den Sommerferien sollen erste Aktionen stattfinden. Mit dem Leitruf „Raus aus den Kuschelecken“ arbeitet man bereits jetzt intensiv daran, das Konzept umzusetzen, um künftig die Perspektive der Kirche und zur Kirche zu ändern.

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