Ausgabe 18, Mai 2017

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Die Madame Pomfrey von Wuppertal
Ein Blick in den Arbeitsalltag einer Schulgesundheitsassistentin.

Madame Pomfrey klebt auch schon mal ein Pfaster und tröstet mit Gummibärchen.

Text und Bild Jennifer Abels

„Welchen Tee kann ich dir machen?“, fragt Sabine B., „Wärmflasche?“ Nina hält sich den Bauch, „Früchtetee“, antwortet sie und schaut ein wenig gequält, ihre Freundin Andrea lächelt und lehnt dankend ab. Sabine B. füllt den Wasserkocher und reicht der 13-Jährigen eine Decke. „Dass ich hier gelandet bin, ist das Beste, was mir passieren konnte“, sagt die gelernte Apothekenhelferin, „mir macht mein Job so großen Spaß, dass ich mich auf jeden Tag freue.“

Seit März ist Sabine B. Schulgesundheitsassistentin an der Friedrich-Bayer-Realschule in Cronenberg. Geschult wurde sie vom Sozialdienst katholischer Frauen e.V. Wuppertal (SkF), der das Projekt vor einem Jahr als Pilot mit dem Jobcenter Wuppertal ins Leben rief; im Rahmen des Bundesprogramms „Soziale Teilhabe am Arbeitsmarkt“. Neun Gesundheitsassistentinnen konnte der SkF seitdem an Wuppertaler Schulen vermitteln. Eine davon ist die Friedrich-Bayer-Realschule, 860 Kinder besuchen sie, einige davon kennt Sabine B. inzwischen mit Namen. „Ich weiß um meine Pappenheimer“, sagt sie lachend, „manche kommen ja öfter.“ Und das nicht nur, weil das Knie blutet oder der Kopf schmerzt. „Neben der Schulpsychologin wird auch die Gesundheitsassistenz zu einer immer wichtigeren Anlaufstelle für die Kinder, weil sie dort nicht nur ein Pflaster oder eine Wärmflasche bekommen, sondern weil dort jemand ist, der ihnen zuhört“, erklärt Schulleiter Hartmut Eulner. Dass Sabine B. vor einem halben Jahr an seine Schule kam, ist für ihn ein großer Glücksfall. In Deutschland regelt jede Schule ihren Sanitätsdienst selbst. Die einen haben geschulte Schüler, die sich den Dienst teilen, andere sogenannte Bufdis, junge Menschen, die ihren Bundesfreiwilligendienst absolvieren. Meist aber hängt es an den Lehrern oder den Mitarbeitern des Sekretariats, kranke Schülerinnen und Schüler zu versorgen, Eltern oder Ärzte zu kontaktieren. Die übrigen Schüler bleiben dann oft sich selbst zu überlassen. „Das stört den Ablauf ungemein“, so Hartmut Eulner, an dessen Schule mit Sportschwerpunkt kleinere Unfälle relativ häufig vorkommen.

Sabine B. schüttet Tee nach. Es klopft. Marvin humpelt herein, tapfer schiebt er sich auf die Liege. Die 54-Jährige betastet sein Knie. „Tut dir sonst noch was weh? Ist dir schlecht?“ Marvin schüttelt den Kopf. Sabine B. desinfiziert die Wunde, klebt ein Pflaster darauf und schiebt ihm ein Päckchen Gummibärchen zu. „Ruh‘ dich noch ein wenig aus“, sagt sie, „Und dann schauen wir, ob du gleich wieder in den Unterricht kannst.“ Frauen, die sich zur Schulgesundheitsassistentin ausbilden lassen wollen, müssen mindestens 35 Jahre alt sein, und seit mindestens vier Jahren Arbeitslosengeld II beziehen. Die Teilnehmerinnen werden in Erster Hilfe geschult, zu Kinderkrankheiten und dem Umgang mit Medikamenten, wie etwa dem Asthmaspray. Die Gesundheitsassistentinnen sorgen an den Schulen für große Entlastung, gleichzeitig kehren arbeitslose Frauen wie Sabine B. zurück ins Arbeitsleben, wo sie in einem kollegialen Umfeld ihre Stärken entfalten können. „Wir möchten die Qualifizierung aber noch ausweiten, damit die Teilnehmerinnen zum Beispiel auch Gesundheitstage an Schulen mitgestalten können“, so SkF-Projektleiterin Amrei Pevec.

Noch ist das in Deutschland einzigartige Projekt auf drei Jahre angelegt. Doch Andrea Siebott, Leiterin des Fachbereichs Dienst für Integration und Vermittlung in Arbeit beim SkF in Wuppertal, ist überzeugt, dass Gesundheitsassistentinnen Zukunft haben. „Wir wollen“, sagt sie, „für jede Wuppertaler Schule eine sympathische Madame Pomfrey ausbilden, die dann, so wie in Harry Potters Zauberschule, als die gute Fee des Hauses ihre Krankenstation selbständig und qualifiziert führen kann.“

Jennifer Abels arbeitet als Pressereferentin für den Sozialdienst katholischer Frauen in Wuppertal (SkF e.V.).

Informationen & Kontakt

SkF e.V. Wuppertal
Ansprechpartnerin: Amrei Pevec
Bembergstraße 20, 42103 Wuppertal
Telefon: 0202 25257-26
E-Mail: amrei.pevec@skf-wuppertal.de
www.skf-wuppertal.de

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